Kirchenkreis Steinfurt Coesfeld Borken Pressemitteilung

Von Breslau nach Krakau

Eine Studienreise des evangelischen Schulreferats führt Lehrerinnen und Lehrer in die Kulturlandschaft Schlesiens – Bewegende Reise ins Nachbarland.

Die Reisegruppe aus dem Münsterland im polnischen Breslau (Foto: Kerstin Hemker)

Eine intensive Begegnung mit dem Nachbarland Polen ermöglichte jetzt eine Studienreise des Schulreferats der Evangelischen Kirchenkreise Steinfurt-Coesfeld-Borken und Tecklenburg. Schulreferentin Kerstin Hemker hatte Lehrerinnen und Lehrer aus dem Münsterland eingeladen, die Region Schlesien von Breslau bis Krakau zu entdecken. Die 27-köpfige Reisegruppe lernte unter der Überschrift „Begegnung mit Polen. Geschichte, Gegenwart und Zukunft“ die Kulturlandschaft im Südwesten Polens kennen. Dabei standen neben Kunst, Musik und Religion die polnische Bildungslandschaft sowie die deutsch-polnische Vergangenheit im Fokus.

Ihren Auftakt nahm die zwölftägige Bildungsreise in Breslau. Nach einem bewegenden Gottesdienst in der Christopherus-Kirche führte Pfarrer Dawid Mendrock für Reisenden in das Leben der evangelischen Kirche augsburgischen Bekenntnisses in Polen ein. Bis heute gehört eine Minderheit im katholischen Polen dem evangelischen Glauben an – eine Folge der deutschen Geschichte der Region vor 1945. Nach einer Stadtführung durch das malerische Breslau folgte ein Besuch des Gymnasiums Nr. 14. Auf der weiterführenden Schule erlebten die Teilnehmenden den Deutsch- und Geschichtsunterrichts, ehe es nach Schweidnitz in die Friedenskirche ging. In Schweidnitz begaben sich die Pädagoginnen und Pädagogen erstmals auf die Spuren deutsch-polnischer Vergangenheit im 20. Jahrhundert. Aufgrund von Krieg, Flucht und Vertreibung ein komplexes Thema.

Schwierige Begegnungen in Auschwitz und Kreisau

Auf dem Gelände des einstigen Landsitzes des Grafen von Moltke blickte die Gruppe hinter die Kulissen der Widerstandsgruppe "Kreisauer Kreis". Die bürgerliche Widerstandsgruppe wehrte sich während des Zweiten Weltkriegs gegen den Nationalsozialismus und entwarf zugleich Pläne zur politisch-gesellschaftlichen Neuordnung Deutschlands nach dem angenommenen Zusammenbruch der Hitler-Diktatur. Referent Dominik Kretschmann von der Stiftung Kreisau erläuterte die Arbeit der Gruppe um Helmuth James Graf von Moltke und Peter Graf Yorck von Wartenburg.

Auf die Spuren der „Schwarzen Modanna“ machte sich die Reisegruppe im Paulinerkloster in Tschenstochau. Das Marienbildnis gilt als einer der wichtigsten katholischen Wallfahrtsorte in Polen. Eine Parallele zum Kirchenkreis Steinfurt-Coesfeld-Borken im katholischen Münsterland zogen die Reisenden in der einstigen deutsch-polnischen Grenzstadt Hindenburg. Im heutigen Zabrze sprach Pfarrer Dariusz Dawid mit den Teilnehmenden über das evangelische Leben in der Diaspora. Auf dem alten, Laub bewachsenen, jüdischen Friedhof der Industriestadt erhielten die Lehrerinnen und Lehrer überdies einen Eindruck des jüdischen Lebens in Schlesien vor 1933. Für viele beklemmend, führte der Reiseweg die Gruppe anschließend zur Gedenkstätte Auschwitz sowie in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau nach Oswiecim. In dem Konzentrationslager töteten die Nationalsozialisten von 1941 bis 1945 über 1,1 Millionen Menschen, darunter rund 1 Million Juden aus ganz Europa. Von bleibenden, unbequemen Eindrücken berichteten die Teilnehmenden, ohne das Gesehene in Worte fassen zu können.

In Worte kleidete indes Tadeusz Smreczyński, einstiger Insasse des KZ, seine Zeit der Internierung in Auschwitz. In Krakau berichtete der ältere Herr den Gästen aus Deutschland von seinen Erfahrungen, nachdem er über 40 Jahre über das Erlebte nicht sprechen konnte. Im jüdischen Viertel „Kazimierz“ in Krakau erlebten viele Reisende daher die wohl bewegendsten Momente der Studienreise. Dabei eröffnete die Bildungsfahrt den Lehrerinnen und Lehrern ein viel breiteres, weites Bild des Nachbarlandes, von Geschichte über Schule bis Kunst und Kultur. Ein guter Auftakt, um das Nachbarland entlang von Oder und Neiße besser kennenzulernen.