Kirchenkreis Steinfurt Coesfeld Borken

„Grüß Gott“, „Békesség Istentöl“ und „Bine ati venit“

Eindrücke und Erfahrungen einer Studienfahrt nach Siebenbürgen

Beeindruckt von der Vielfalt der Kulturen, der Religionen und Traditionen sowie den Begegnungen mit Menschen waren die 25 Teilnehmer der Studienfahrt „Zwischen Tradition und Zukunft“ ins rumänische Siebenbürgen unter der Leitung von Dr. Tamas Szöcs, Kirchenmusiker in Gronau, Kreiskantor und gebürtiger Siebenbürger Ungar, sowie Pfarrerin Kerstin A. Hemker, Schulreferentin der evangelischen Kirchenkreise Steinfurt-Coesfeld-Borken und Tecklenburg in den Herbstferien 2011.

Auf der 11-tägigen Studienfahrt wurden sie in den Gemeinden der evangelisch-lutherischen Kirche mit „Grüß Gott“ begrüßt, „Békesség Istentöl“ – Friede von Gott wurde ihnen in der ungarisch-reformierten Gemeinde in Hermannstadt beim Besuch des Reformationsgottesdienstes am 30.10.2011  gewünscht und „Bine ati venit“ (rumänisch) – herzlich willkommen spiegelt das Grundgefühl beim Besuch Rumäniens wider.

Bei den Besuchen in den deutschsprachigen evangelisch-lutherischen Gemeinden in den Orten Wolkendorf, Kronstadt, Schässburg, Mediasch, Heltau und Hermannstadt begegneten die Besucher einer 800-jährigen christlichen Tradition. Zeugen dieser langen Geschichte sind u.a. die beeindruckenden Siebenbürger Kirchenburgen, sieben davon als UNESCO- Weltkulturerbe anerkannt. Die Kirchenburgen, eine besondere Bauform einer Kirche umgeben mit Mauern, Vorratsräumen und Wehrtürmen, wurden von Siedlern aus dem deutschen Sprachraum, später „Siebenbürger Sachsen“ genannt, im späten Mittelalter zum Schutz vor Tartaren, Mongolen und Osmanen gebaut.
 
Umfasste die deutschsprachige Minderheit in Rumänien 1930 ca. 750.000 Personen, sank diese Zahl dramatisch während und nach Ende der Ceausescu-Diktatur auf ca. 11.000 Menschen, 1,4 Prozent der Gesamtbevölkerung. Durch die große Abwanderung nach Deutschland und Österreich schrumpften die Kirchengemeinden. Mit großem Aufwand versuchen die kleinen evangelischen Gemeinden die historischen Gebäude, ihre wertvollen Altäre und Orgeln, die in einigen Kirchen von Dr. Szöcs zu kleinen Konzerten genutzt werden konnten, zu erhalten.

Ferner stellen die Armut vieler Kirchenmitglieder sowie ihr hohes Alter für die deutschsprachigen evangelischen  Kirchengemeinden eine große Herausforderung dar. Trotz dieser großen Probleme begegneten die Teilnehmenden der Studienfahrt immer wieder engagierten und der Zukunft positiv zugewandten Vertretern der Kirche in Gemeinden und übergemeindlichen Arbeitsbereichen. Beeindruckend schilderte der Hermannstädter Stadtpfarrer Killian Dörr den Umbau der Kirchenburg Hammersdorf zu einem ökologischen Bildungszentrum, um ein sichtbares Zeichen für die christliche Schöpfungsverantwortung zu setzen. Auch im sozialen Bereich ist die Gemeinde aktiv. 38 ehrenamtliche Helfer besuchen Hilfsbedürftige, Straßenkinder werden betreut, Obdachlose und Drogenabhängige finden ein betreutes Zuhause, die kostenlose Medikamentenabgabe wird von vielen Menschen wöchentlich besucht.

„Gerade weil wir so wenige geworden sind, müssen wir uns zur Gesellschaft hin öffnen. Wir verstehen unsere Arbeit als ökumenisch, interethnisch, interdisziplinär. Auch sind wir Brückenbauer zwischen West und Ost. Ganz einfach: wir sind und bieten ein Denkzentrum“, umrissen Pfarrer Dietrich Galter, derzeitiger Leiter der Evangelischen Akademie Siebenbürgen, und seine Frau Dr. Sunhild Galter ihre ambitionierte Dialog- und Bildungsarbeit.

Neben den kirchlichen Kontakten besuchten die Teilnehmenden der Studienfahrt, unter ihnen zahlreiche Lehrerinnen und Lehrer, auch zwei staatliche deutschsprachige Gymnasien in Hermannstadt und Kronstadt, die überwiegend von rumänisch sprechenden Kindern besucht werden. „Die deutsche Sprache stellt für  unsere Schüler eine Brücke nach Europa dar“, erläutert Gerold Hermann, Schulleiter des renommierten Samuel von Brukenthal Gymnasiums.

Neben den kulturellen Sehenswürdigkeiten waren die Teilnehmenden auch begeistert von der landschaftlichen Schönheit Siebenbürgens. Bei Bergbauern wurde mehrmals eingekehrt und die ökologisch hergestellten Spezialitäten genossen.

„Wir hoffen, dass begonnene Kontakte zwischen Kirchengemeinden und Jugendarbeit im evangelischen Kirchenkreis Steinfurt-Coesfeld-Borken und der evangelischen Kirche Augsburger Bekenntnis in Siebenbürgen fortgesetzt werden“, so der Wunsch aller Teilnehmenden.