Kirchenkreis Steinfurt Coesfeld Borken

„Gemeinsamen Schatz“ wieder in den Mittelpunkt rücken

Online-Veranstaltung „Mit Hammer und Heiligenschein“ bot spannende Einblicke in die ökumenische Diskussion

Am 31. Oktober 1517, am Vorhabend des Allerheiligentages, schlug Martin Luther seine 95 Thesen an der Wittenberger Schlosskirche an (Foto: Manfred Nuding / PIXELIO).

„Richtig ‚mit Schmackes‘ hat für mich Martin Luther seine 95 Thesen mit dem Hammer an die Tür der Schlosskirche gekloppt.“ Pfarrer Dirk Heckmann, im Kirchenkreis Steinfurt-Coesfeld-Borken für Jugend- und Bildungsarbeit zuständig, merkte man seine Herkunft aus dem Ruhrgebiet ohrenfällig an. In der Online-Veranstaltung des Kirchenkreises „Mit Hammer und Heiligenschein“ hatte er damit gleich zu Beginn eine Seite des Themas des Abends auf den Punkt gebracht.

„Der wollte lautstark aufrütteln, diese symbolische Handlung hatte Aufmerksamkeit und Resonanz bei den Christenmenschen im Blick“, erläuterte er weiter. Luther sei es nicht nur um den schändlichen Ablasshandel im Sinne Johann Tetzels und die bischöfliche und päpstliche Geldgier gegangen, sondern auch um Anfragen zu der übertriebenen Heiligenverehrung, dessen Reliquien-Tourismus vielen Landesfürsten und Bischöfen Geld in die Kassen gespült habe. Die „95 Thesen“ müsse man auch als verschriftete und geharnischte Kritik an einer hierarchischen Kirche, die nicht mehr bei der konkreten Lebenssituation der Menschen gewesen sei, verstanden wissen.

Auch für Dr. Esther Brünenberg-Bußwolder, als Erwachsenenbildungsreferentin des Kirchenkreises Mitveranstalterin dieses Video-Gesprächs, war das gewählte Datum für diesen „theologischen Hammerschlag“, der 31. Oktober 1517, sehr wohl mit Bedacht gewählt. „Der Vorabend des Allerheiligentages hat nicht nur für mich klaren Zeichencharakter. Dabei muss der Blick auch auf die Verklärungsaspekte von Heiligen mit Lichtkranz – eben diesem  „Heiligenschein“ – und der die Betonung, das Hervorheben dieser besonderen Personen markiert und die sich auch in den Werken der Kunstgeschichte ganz häufig widerspiegelt, gerichtet bleiben.“

Auch in der ökumenischen Diskussion und Geschichte sei der Begriff „Heilige“ durchaus ambivalent. Dabei ginge es doch eigentlich beim „Heiligsein“ um die Heiligung des Lebens, des Menschen und Gottes durch und in einer bewussten und angestrebten geglückten Gottesbeziehung. Die ursprüngliche Bedeutung des Begriffs "heilig" stammt aus dem Alten Testament  und markiert jüdisches Denken, jüdische Menschen -und Gottesbilder (vgl. Lev 19,2: Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig, der Herr, euer Gott). Dafür stünden Begrifflichkeiten wie Ehrfurcht und Faszination, Dinge und Handlungen, die auf „die Sache Gottes gerichtet“ seien (Heiliger Geist, Heilige Schrift, Heilige Menschen). „Diese Vorbildfunktion solcher Menschen im Streben nach Gott und für dessen Werke und Absichten wurde aber immer wieder zu übertriebener Heiligenverehrung, fast Unterwürfigkeit, ausgenutzt. Hier sollten geradezu übertriebene – auch im pädagogischen Handeln – Vorbilder und ihre Entrücktheit manifestiert werden“, erläuterte sie dieses auch die christlichen Kirchen Trennende. 

Aus den Reihen der zahlreichen diskussionsfreudigen Teilnehmer*innen dieser Online-veranstaltung wurden besonders die „Wunden der Trennung“ betont. Hierarchische, auf Machterhalt und Abgehobensein angelegte kirchliche Handlungen und Strukturen seien fürchterlich und unerträglich, hieß es mehrfach aus der Runde. Die Trennung der Christen sei immer eher ein theologisches Problem gewesen. Vielmehr müsse der gemeinsame Schatz des Glaubens und des Glaubens an Gott in seiner Pluralität wieder in den Mittelpunkt gerückt und das Verbindende gestärkt werden. Gott wolle und ermögliche den freien Menschen. Diese Gnade gehe von Gott aus und nicht von Menschen oder gar von ihnen gemachten, zumeist problematischen Strukturen.

Martin Fahlbusch