„Es war schön, sich um das Baby zu kümmern, aber auch ganz schön anstrengend“- so das Fazit einer 15-jährigen Jugendlichen, die an dem Projekt „Elternschaft auf Probe- ein Baustein der Frühen Hilfen“ teilgenommen hat. „Ja, vor allem die Nächte waren stressig“ ergänzt ihre Freundin und Projektpartnerin. „Letzte Nacht hat unser Baby zum Beispiel alle zwei Stunden geschrien und manchmal wusste ich gar nicht, was es wollte.“
Insgesamt konnten acht Schülerinnen der FNRS im Rahmen der Projekttage für drei Tage und Nächte in die Elternrolle schlüpfen und einen realistischen Tagesablauf mit einem Baby erleben. Hierzu wurde ein realitätsnaher Säuglingssimulator, das sogenannte „Real-Care-Baby®“ eingesetzt, der gefüttert, gewickelt, getröstet, beruhigt und unterhalten werden wollte sowie auf fehlende Fürsorge, falsche Lage und grobe Behandlung reagierte. Bereits in den zurückliegenden Jahren sammelten die Mitarbeitenden des Diakonischen Werkes in Gronau unter dem Stichwort „Real-Care-Baby®: ein Präventionsprojekt für Jugendliche“ positive Erfahrungen. Besonders sehr junge Eltern, die bislang kaum Vorstellungen über eigene Lebens- und Familienperspektiven entwickelt haben, geraten leicht in eine Überforderungssituation. So ist es ein Ziel des Elternpraktikums, die Heranwachsenden für Elternschaft zu sensibilisieren und Wissen über frühkindliche Bedürfnisse und dessen Versorgung zu vermitteln. „Besonders viel Wert legen wir auf eine intensive Vor- und Nachbereitung und eine engmaschige Begleitung der Jugendlichen, die u.a. durch Hausbesuche und Notfalltelefonbereitschaft gewährleistet wird“, sagt Pauline Schumacher, die das Projekt seit rund zwei Jahren durchführt. „Wichtig ist es, dass die Jugendlichen sich nicht allein gelassen fühlen und Erfahrungen, Gedanken sowie Überforderungssituationen in der Auswertung genau besprochen werden“. So schilderte eine Teilnehmerin zum Beispiel, dass sie mit ihrem Baby auf den Weg zu ihrer Freundin gewesen sei, das Baby dann plötzlich angefangen habe, „voll schlimm“ zu schreien. Als sie es dann hektisch im Laufen gefüttert habe, sei das Köpfchen des Babies nach hinten gefallen. „Solche Situationen werden im Rahmen der Selbstreflexion aufgefangen und darüber hinaus auch mögliche Hilfen erarbeitet, die im Ernstfall hinzugezogen werden könnten“, so Schumacher. „Ich würde die Hebamme anrufen oder andere Mütter in meinem Alter fragen“, war zum Beispiel der Vorschlag einer Teilnehmerin in der Nachbereitung, die neben dem intensiven Erfahrungsaustausch auch die Erarbeitung und Auflistung der vielen denkbaren Unterstützungsmöglichkeiten für junge Eltern umfasst.
Das Konzept der Diakonie zielt nicht darauf ab, frühe Schwangerschaften zu vermeiden. Es ist vielmehr darauf angelegt, die Jugendlichen dabei zu unterstützen, eine reflektierte Entscheidung über die eigene Familienplanung zu treffen und Voraussetzungen und Ressourcen für Elternschaft zu prüfen. Das Jugendamt unterstützt dieses präventive Konzept als einen wertvollen Baustein der „Frühen Hilfen“. Die Familienberatungsstelle hat die Durchführung weiterer Projekte mit dem Real-Care-Baby geplant.
Kontakt: Beratung im Zentrum, Psychologische Familienberatungsstelle, Hörster Str. 5, 48599 Gronau, Tel. 02562 – 70 111-0, www.dw-st.de.