Kirchenkreis Steinfurt Coesfeld Borken

Religionslehrer-Fortbildung stellt Rock- und Popmusik in den Mittelpunkt

Gronau - Fortbildung zwischen George Harrisons Gitarre und Guildo Horns Bühnenanzug – der „Studientag Religion“ des Kirchenkreises Steinfurt-Coesfeld-Borken führte die Teilnehmer in diesem Jahr an einen ungewöhnlichen Ort: ins Rock`n´Popmuseum in Gronau. Die Kulisse war gleichwohl gut gewählt, stand doch das Thema „Rock- und Popmusik im Religionsunterricht“ auf dem Lehrplan.

Schulreferentin Kerstin Hemker organisiert für die Kirchenkreise Tecklenburg und Steinfurt-Coesfeld-Borken Religionslehrer-Fortbildungen für alle Schulformen. „Und einmal im Jahr veranstalten wir den ,Studientag Religion im Westmünsterland’, bei dem wir etwas Besonderes anbieten“, erklärt Hemker die Auswahl von Thema und Veranstaltungsort. Musik sei ein emotional hochbesetztes Thema, so Hemker. „Deshalb finde ich die Frage spannend, wie man sie im Unterricht nutzen kann.“

Antworten lieferte Referent Alexander Schmidt. Der Schulreferent des Erzbistums Paderborn hat zusammen mit Achim Linsen vor drei Jahren das Buch „Rock- und Popmusik im Religions- und Ethikunterricht der Klassen 6-13“ herausgebracht. In acht Kapiteln werden 16 Songs behandelt, die sich mit Themen wie Partnerschaft und Sexualität, Tod und Trauer oder mit der Suche nach Gott beschäftigen. Vertreten sind so unterschiedliche Interpreten wie Eric Clapton, Herbert Grönemeyer, U2 oder die Punk-Rocker „Die Toten Hosen“.

Das Buch erfreut sich unter Pädagogen offenbar großer Beliebtheit; inzwischen ist die 3. Auflage erschienen, ein zweiter Band ist in Vorbereitung. Popmusik sei eine Chance, existentielle Fragen mit einem Medium aufzugreifen, „das bei Schülerinnen und Schülern positiv besetzt ist und ihre Gefühls- und Erlebniswelt aufnimmt“, so Schmidt. Jahrelang hat er selber im Unterricht erfolgreich erprobt, welchen Aha-Effekt es bei Schülern auslösen kann, wenn sie merken, dass hinter Liedern angesagter Bands mehr steckt als nur fetzige Musik.

Dass Jugendliche dabei heute eher auf Bushido als auf Grönemeyer stehen, ficht Schmidt nicht an. „Ich mache ja keine Disco mit den Liedern, sondern versuche, eine Botschaft mit ihnen rüberzubringen“, sagt der Referent und berichtet von einem Unterrichtsbesuch in einer 10. Hauptschulklasse in Winterberg, die sich mit Grönemeyers „Mensch“ beschäftigt hat. „Ein Schüler neben mir sagte sofort: ,Ach du Sch...’, als er hörte, um welchen Titel es geht. Später war er dann einer der Eifrigsten. Die Stunde war ein absoluter Selbstläufer.“

„Der Mensch heißt Mensch, weil er irrt und weil er kämpft, weil er hofft und liebt, weil er mitfühlt und vergibt“ – der Text, den Grönemeyer noch unter dem Eindruck des Todes seiner Frau schrieb, erfreut sich wohl deshalb so großer Beliebtheit, weil er sich in entwaffnend einfachen Worten der großen Frage nach dem Menschenbild annimmt. Alexander Schmidt zeigte, wie man im Unterricht damit arbeiten kann. Zum Beispiel mit einem Bodenbild: Die Schüler tragen in den Umriss eines menschlichen Körpers Eigenschaften ein, die dem Menschen im Lied zugeordnet werden. „Sie können die Schüler aber auch eigene Strophen zu dem Lied erfinden lassen“, regte Schmidt an: „Die machen das gerne!“

Bei manchem Künstler lohnt es sich, zweimal hinzuhören. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass die alternden Punk-Rocker „Die Toten Hosen“ auch eine religiöse Ader haben? „Viele Texte der Platte ,Opium fürs Volk’ von 1996 sind durch den Kontakt zum Kloster Meschede beeinflusst“, klärte Schmidt auf, der die Hosen-Songs „Beten“ und „Die Zehn Gebote“ in sein Lehrbuch mit aufgenommen hat.

Egal, ob „Tote Hosen“, Xavier Naidoo oder „Fettes Brot“: Gerade deutsche Popmusik bietet viele Texten, mit denen sich gut arbeiten lässt. Englische Titel hätten den Nachteil, dass man erst in die Übersetzung einsteigen müsse, gibt Schmidt zu bedenken: „Das ist dann eher was für die Oberstufe.“ Kein Wunder, dass deutsche Künstler im zweiten Band von Schmidts Buch deshalb besonders stark vertreten sein werden. Im nächsten Jahr soll es in den Handel kommen. Neben neuen Liedern und Unterrichtsvorschlägen soll es darin auch ein alphabetisches Verzeichnis von Songs geben, die von Religionslehrern erfolgreich im Unterricht eingesetzt wurden.

Kay Müller