Kirchenkreis Steinfurt Coesfeld Borken

Mit Achtsamkeit und Zuversicht

Margot Käßmann las aus ihrem Buch „Nur Mut! Die Kraft der Besonnenheit in Zeiten der Krise“

Margot Käßmann (Fotos: Elvira Meisel-Kemper).

Pfarrer Klaus Noack (l.), Ev. Gemeinde Oeding-Stadtlohn-Vreden, Elisabeth Büning (Kreis Borken), Pfarrer Christoph Theberath (r.), katholische Gemeinde St. Georg Vreden, freuten sich als Veranstalter über den prominenten Gast.

Der Name Margot Käßmann zieht noch immer die Massen an, auch wenn sie 2010 von ihren damaligen Ämtern als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland und als Landesbischöfin der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannover aus eigenem Antrieb zurücktrat. Heute ist die evangelische Pfarrerin „nur noch“ Theologin, Autorin und – wenn man so will – Ratgeberin für außergewöhnliche Zeiten wie diese.

Nicht umsonst betitelte sie ihr neues Buch mit „Nur Mut! Die Kraft der Besonnenheit in Zeiten der Krise“. In der vollbesetzten katholischen Pfarrkirche St. Georg in Vreden stellte sie es auf Einladung der evangelischen Kirchengemeinde Oeding-Stadtlohn-Vreden, der katholischen Kirchengemeinde St. Georg Vreden und des Kreises Borken vor. Ihr Besuch gehörte zum Begleitprogramm des Projekts „Krisensicher“ rund um die gleichnamige Ausstellung im kult Westmünsterland in Vreden (bis 30.01.2022).

Besonnenheit brauche man wirklich in diesen Zeiten und damit meinte sie nicht nur eines von insgesamt 33 Kapiteln in ihrem Büchlein, das mittlerweile zum Spiegel-Bestseller aufgestiegen ist. Dabei weitete sie den Begriff „Krise“ aus auf die allgemeine Situation der Menschen. „Die Religion wird angegriffen in unserem Land, der Kindesmissbrauch in beiden (!) Kirchen und natürlich die Coronakrise. Damit einher geht der Verlust an Gemeinschaft, eine zunehmende Verrohung in den sozialen Medien und eine weitere Öffnung der sozialen Schere.“

Hoffnung müsse in die Welt gebracht werden als Christ und auf der Grundlage der Bibel. Petrus habe nach der Gefangennahme Chrisi diesen verleugnet und sich doch wieder ihm zugewandt, nannte sie ein Beispiel. „Ich bin überzeugt, dass sich der christliche Glaube als Lebenskraft entwickeln kann. Manche Menschen leben derart in Angst vor Corona, andere sind sorglos. Dazwischen sind die Besonnenen. Es geht nicht um Angst, sondern um Achtsamkeit und Zuversicht.“ Auch damit benannte sie weitere Begriffe, die sie in ihrem Buch in einzelnen Kapiteln behandelt. Auch der Humor dürfe nicht zu kurz kommen. Genauso war auch ihr Vortrag, der wenig an eine Lesung erinnerte. 

„Luther sagte einmal zu seinem Barbier, es reiche, wenn man einmal am Tag ein Vaterunser bete und das mit einem lauten Amen abschließe“, entschuldigte sie sich gleichzeitig – ebenso humorvoll-, dass sie Luther in einer katholischen Kirche benenne. Sie sei froh, dass sie beten könne und damit ein Vertrauensverhältnis zu Gott aufbauen könne.

Mehr Dankbarkeit täte auch gut in diesen Zeiten, dass wir in Frieden und Wohlstand leben können in Deutschland. Freundschaften seien ihr in diesen Zeiten der Trennung und der Einschränkungen der Freiheit besonders wichtig geworden. Charakter und Solidarität habe sie auch erlebt, als eine Gemeinde in Ruanda 20.000 Euro für die Flutopfer in Deutschland gesammelt habe. Das Wort Seelsorge habe für sie gerade jetzt eine ganz neue Bedeutung erhalten: „Für die Seele der anderen sorgen und für die eigene Seele sorgen, denn das Leben ist begrenzt. Das hat uns Corona deutlich gemacht.“

Im anschließenden Gespräch mit Ute Isferding (Kreis Borken) sah sie gerade durch die Seelsorge eine Chance, neu anzuknüpfen und auf die Menschen zuzugehen. Pauschal äußerte sie Kritik an der Institution der christlichen Kirche, äußerte aber auch die Hoffnung, dass sich durch Veränderungen in der Kirche wieder die Menschen erreicht werden könnten.  Als Isferding sie nach ihren beiden Krebserkrankungen fragte, wie sie diese überstanden habe, war Käßmanns Antwort eindeutig: „Beziehungen und der Glaube tragen einen in diesen Zeiten.“ Und ergänzte: „In der Krise bleibt nicht allein, sprecht mit anderen Menschen darüber, zieht euch nicht zurück!“

Elvira Meisel-Kemper