Kirchenkreis Steinfurt Coesfeld Borken

Lifeline 4.0 in Coesfeld

Konfis stellten sich mit besonderem Gottesdienst der Gemeinde vor

Szene aus dem Gottesdienst. Foto: Wenzlaff

v.l. Thomas Flachsland und Birgit Henke-Ostermann. Fotos: Knorr / Schiel

Anfang März fand in der Evangelischen Kirche am Markt in Coesfeld ein besonderer Gottesdienst statt. Die Konfirmandinnen und Konfirmanden stellten sich der Gemeinde vor – und das auf eine eindrucksvolle Weise. Unter dem Titel „Lifeline 4.0“ setzten sie sich mit dem Thema #ganz #schön #unter #druck auseinander. Mit Projektionen, Licht und Musik entstand ein modernes Gottesdienstformat. Begleitet wurden sie dabei von Gemeindepfarrerin Birgit Henke-Ostermann und Thomas Flachsland, Jugendreferent des Kirchenkreises Steinfurt-Coesfeld-Borken. Öffentlichkeitsreferentin Maleen Knorr sprach mit den beiden über das Projekt.

Wie ist die Idee zu „Lifeline“ entstanden, und was ist das Besondere an diesem Format?

Henke-Ostermann:
Entstanden ist das Projekt vor fünf Jahren. Wir haben uns die Frage gestellt, was Inhalte der Konfirmandenarbeit sein können, wie diese Zeit verlaufen sollte und ob es ein unvergessliches Erlebnis aus dieser Zeit braucht, aus diesem intensiven Kontakt mit Kirche. „Lifeline“ ist ein besonderes Erlebnis, das die Jugendlichen selber wesentlich mitgestalten können, bei dem sie selber kreativ werden und ihre Ideen und Wünsche umsetzen. Wir sind froh, dass das Projekt durch das Jugendreferat des Kirchenkreises so professionell begleitet wird.

Flachsland: Dieses Projekt in Coesfeld umsetzen zu helfen ist unglaublich spannend. Die Kirche am Markt ist etwas Besonderes, auch schon vor dem Einbau des Kubus. Einerseits gibt es da diese unglaubliche Höhe und Weite des Raums, aber in der Dunkelheit der Nacht ist da diese unfassbare Tiefe und spürbare Stille.

Warum habt ihr euch in diesem Jahr für das Thema #ganz #schön #unter #druck entschieden?

Flachsland:
Im vergangenen Jahr wurde der Kubus in den Kirchraum eingebaut und wurde dadurch in diesem Jahr zu unserem Aktionsraum. An zwei Aktionstagen haben die Jugendlichen Situation der Enge nachgespielt, Kooperationsspiele gemacht und gemeinsam meditiert.

Henke-Ostermann: Dabei kristallisierten sich drei Themen heraus, die für die Jugendlichen wichtig waren: Mobbing und social media, sowie Angst vor dem Versagen und Prüfungsangst.

Wie wurde das Thema in Musik, Licht und Projektionen umgesetzt?

Flachsland: Wir konnten auf die Streaming- und Medientechnik des Jugendreferats zurückgreifen. Damit konnten wir Überblendeffekte erzeugen und die Konfis konnten sich in KI-erzeugte Bilder hineinbeamen. Im Verlauf des Gottesdienstes wurde dann Bezug auf diese Bilder genommen und die Situation aufgelöst, indem die Jugendlichen ihre Lösungsansätze präsentierten und die projizierten Ängste langsam verschwanden.

Henke-Ostermann: Wir fanden es wichtig, für die Eltern aber auch für die Jugendlichen ein Format zu schaffen, bei dem ein emotionaler Austausch möglich ist. Es ist nicht selbstverständlich, dass in Familien über Drucksituationen gesprochen wird. Und die Rolle der Kirche und die Angebote des Glaubens werden nicht mehr erkannt.

Wie erleben Jugendliche heute Druck? Welche Rolle spielt die Kirche dabei? Kann sie jungen Menschen helfen, mit Druck umzugehen?

Flachsland: Wir erleben eine Verzerrung der Alltagswelt. Die Anforderungen wachsen, das Leben wird komplexer und gleichzeitig sollen wir uns individualisieren. Dagegen steht eine digital optimierte und inszenierte Scheinwelt, die man konsumiert und mit der man sich absurderweise vergleicht. Schönheitsideale und Meinungsmache führen nicht zu mehr Klarheit, sie führen zur Verunsicherung. 

Henke-Ostermann: Die Aussage des Gottesdienstes war: Gott hat uns Leben ermöglicht und er traut uns zu, dass jeder seinen Weg findet und sein Entwicklungspotenzial ausschöpft. Und dies nicht im Vergleich mit anderen, in Sorge vor dem Versagen, sondern mit Zuversicht, dass wir alle großartige Möglichkeiten haben.

„Lifeline“ gibt es jetzt schon zum vierten Mal – wie hat sich das Konzept über die Jahre entwickelt?


Henke-Ostermann: Es hat sich in der Zusammenarbeit mit Thomas Flachsland und dann auch mit den ehrenamtlichen Technikern so entwickelt, dass es immer mehr von einem von mir stark geprägtem Auftragsding zu einem gemeinsamen Projekt wurde, das wir gemeinsam voranbringen. Wir profitiere sehr von Thomas mit seinen pädagogischen Fähigkeiten, seiner Fantasie und seinem technischen Knowhow.

Flachsland: Wir haben die Lifelines schrittweise zu einem prozessorientierten Format entwickelt. Natürlich muss am Ende ein Vorstellungsgottesdienst stehen, und den in einer großen Kirche wie der Kirche am Markt umzusetzen braucht Rahmenbedingungen. Dass wir bei den vorgeschalteten Aktionstagen die Botschaft des Projektes zusammen erarbeitet, erspürt und ausprobiert haben, das ist der Weg in die Zukunft.

Gibt es schon Ideen für Lifeline 5.0 im nächsten Jahr?


Henke-Ostermann: Nein, wir sind froh und glücklich Lifeline 4.0 auf die Bühne gebracht zu haben und jetzt müssen wir erstmal aufräumen und das Projekt mit den Konfis auswerten. Wir möchten aber sicher im nächsten Jahr verstärkt mit anderen Konfirmand:innen in unserem Kooperationsraum arbeiten. Da wäre ein lifeline-Format gut vorstellbar.

Flachsland:
Genau: Lifeline 1 bis 4 waren tolle Projekte mit tollen Themen, die wir sicher an anderen Orten und in der Konfirmandenarbeit nochmal umsetzen könnten. Wichtig ist uns beiden, und da müssen wir uns bei unseren jugendlichen Technikern Rouven und Jan bedanken, aber auch bei den aktiven Konfis: Jeder soll sich mit seinen Fähigkeiten und seiner Begabung einbringen. Spätestens bei der Generalprobe haben wir wieder gespürt: da war kein Zittern und keine Angst. Ob nun Fürbitten gebetet wurden, Theaterszenen vorgetragen oder die Leinwand im großen Bühnenaufbau verschoben und positioniert wurde. Wir haben gemeinsam mutmachende Erinnerungen geschaffen!