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Konzert mit Jan Garbarek & The Hilliard Ensemble beim Jazzfest in Gronau

Gronau - So voll war die Evangelische Stadtkirche in Gronau selten bei einem Konzert. Der Grund war der Auftritt von Jan Garbarek aus Norwegen mit dem britischen Quartett „The Hilliard Ensemble“ als eines der Bonbons des Jazzfestes Gronau mit den höchsten Eintrittsgeldern.

Jan Garbarek

The Hilliard Ensemble, dahinter Jan Garbarek

Jan Garbarek beim Schlussapplaus

Bis auf den letzten Platz belegten die Besucher das Kirchenschiff und die Emporen. Trotz der Menschenmenge breitete sich schnell eine meditative Stille des gespannten Zuhörens aus. Der Grund lag in der ungewöhnlichen Begegnung eines Instruments mit vier männlichen Stimmen, die von den vielen Kennern mit Spannung erwartet wurde.

Garbarek war der Meister des Tenorsaxophons, das in Improvisationen den Gesang des Ensembles umspielte, umwarb oder auch frei interpretierte. Der Musiker wanderte ständig durch den Altarraum, lotete die Höhen und Tiefen der Akustik aus, während die vier Sänger ihre eigene Choreografie einbrachten. Mal gingen sie in langsamen, gemessenen Schritten durch den gesamten Kirchenraum, entsandten aus den Begrenzungen des Raumes ihre Stimmen in den Raum und wagten sich bis in den Obertonbereich vor. Texte waren hier nicht mehr so wichtig, ging es doch um die sakrale Ausstrahlung ihrer stimmlichen Inszenierung.

Ihr ausgefeilter Gesang stand in ständigem Dialog mit dem Saxophon, in dem sich beide Seiten mal mehr, mal weniger zurücknehmen konnten. Im Zentrum des Konzerts standen die Stücke, die sie gemeinsam 2010 in dem Album „Officium Novum“ veröffentlicht haben. Garbarek ist die fünfte Stimme mit seinem Saxophon, während David James (Countertenor), Rogers Covey-Crump (Tenor), Steven Harrold (Tenor) und Gordon Jones (Bariton) kirchliche Motetten von der Gregorianik über die Renaissance bis zu modernen Komponisten wie Arvo Pärt oder John Cage zu einer Einheit verschmolzen.

Von Pärt stammt das Stück „Most holy Mother of God“, das er speziell für das Hilliard Ensemble geschrieben hat. Perotin komponierte im 13.Jahrhundert das Werk „Alleluja Nativitas“, das zu einem der Höhepunkte im Konzert mutierte.

Fasziniert lauschten die Besucher diesem einzigartigen Zusammenspiel verschiedener Musikrichtungen aus der Ost- und Westkirche. Diese alte Kirchenmusik traf auf den sprudelnden Jazz von Garbarek, der mit dem Saxophon die moderne Expressivität hinzufügte. Seit 1994 kommunizieren das Hilliard Ensemble und Garbarek in dieser musikalischen Art miteinander. Längst sind sie damit zu einem Markenzeichen geworden, das gar nichts mehr mit dem Grundverständnis von Jazz zu tun hat. Der begeisterte Applaus zum Schluss des 90-minütigen Konzerts bestätigte sie in ihrem Erfolg.  

Elvira Meisel-Kemper