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Karnevalsgottesdienst in der Kleinen Kirche Burgsteinfurt

Kirche und Karneval - natürlich geht das!

Die Polonaise Blankenese führte vielleicht nicht bis hinter Wuppertal, aber immerhin durch die Kleine Kirche. Foto: Nix

Karneval feiern, Singen, Klatschen, Polonaise in einem Gotteshaus, geht denn das überhaupt? In der Kleinen Evangelischen Kirche Burgsteinfurt war es jedenfalls kein Problem.

„Herzlich willkommen, Helau“, begrüßte Guido Meyer-Wirsching, Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde Burgsteinfurt, das reichlich erschienene Publikum. In seinem Talar sah er eigentlich aus wie immer, wäre da nicht das winzige rote Hütchen auf seinem Kopf gewesen. Es signalisierte dezent, dass es sich diesmal um einen Karnevalsgottesdienst handelte. Später legte er den Talar ab und trug darunter eine fetzige Jacke mit schwarz-rotem Muster. Auch die über das Kirchenschiff gespannte Girlande und das bunt kostümierte „Hitparaden-Trio“ aus Gronau mit Manuela Zietlow, Waltraud Grespan und Reinhard van Loh ließen keinen Zweifel daran, dass an diesem Sonntag Frohsinn und Heiterkeit angesagt waren. Der Karnevalsgottesdient wurde von einem TV-Filmteam des WDR begleitet und der geschnittene Beitrag einen Tag später in der „Lokalzeit“ ausgestrahlt.

Die lokalen Größen der „fünften Jahreszeit“, das Stadtprinzenpaar Maik I, Anna I. mit Zerri Lukas und das vorher am gleichen Tag proklamierte Kinderprinzenpaar Jan I., Lisa I. mit Zeremonienmeisterin Merle erschienen ebenso wie der Präsident der Karnevalsgesellschaft Steinfurt, Frank Zimmermann. Der führte einen geheimnisvollen Koffer mit sich, aus dem er schließlich die Handpuppe „Heli“ erwachen ließ. Sein Auftritt warb für Toleranz und Fairness auch im Umgang mit den Menschen der zahlreichen Nationen, die in Deutschland ihr Glück suchen. Zimmermanns Botschaft: „Das Gegenüber nehmen wir an, so wie man es machen kann“. Und weiter: „Seid offen für alle und lasst die Augen glänzen, es gibt bei Hoffnung und Liebe keine Grenzen.“

Pfarrer Meyer-Wirsching betonte, dass wir in schwierigen Zeiten leben, in denen es leider auch viel Gewalt gibt. Noch sehr frisch ist der Anschlag von München, bei dem ein Auto in das Ende einer Ver.di-Demonstration raste. Viele Schwerverletzte und zwei Tote gibt es zu beklagen. Auch das soll selbstverständlich trotz der Karnevalszeit nicht vergessen werden. Der Pfarrer entzündete als sichtbares Zeichen der Hoffnung eine Friedenskerze.

„Alles, was wir heute hier machen, ist neu und anders“, hob Meyer-Wirsching hervor.  Das Gefühl der Zusammengehörigkeit sei gerade in dieser Zeit wieder sehr wichtig geworden. Zu den erschienenen Tollitäten des der Karnevalsgesellschaft Steinfurt sagte er: „Ihr feiert das Leben, euren Verein, ihr bringt euch ein mit eurem Lachen und mit eurem Herzen.“
„Mach das, wozu du berufen bist“, war eine weitere Botschaft des Gottesdienstes. Sie ging auf eine Geschichte zurück, in der sich ein Gaukler entschloss, ins Kloster zu gehen. Doch das fromme Leben sagte ihm nicht zu. Als er in einem Dialog mit Gott bekannte, ihm ein schlechter Diener zu sein, erwiderte dieser: „Du hast mir gedient mit deinem Singen, dem Tanzen und dem Springen, folge deinem Herzen.“ So durfte der Gaukler auf seine ganz eigene Weise beten.

In der Kleinen Kirche zu Burgsteinfurt war an diesem Tag alles erlaubt. Und so durfte nach Herzenslust gesungen, geschunkelt und geklatscht werden, während das Hitparaden-Trio närrische Hits wie „Viva Colonia“ oder auch „„Denn wenn et Trömmelsche jeht“ erklingen ließ. Das bunte Treiben gipfelte in der „Polonaise Blankenese“ durch die ganze Kirche. Doch es gab auch besinnliche Momente. Etwa, als der Pfarrer aus dem modernen Psalm „Wir sind alle in Gottes Hand“ des unvergessenen Kabarettisten Hanns Dieter Hüsch zitierte: „Wir alle sind in Gottes Hand, ein jeder Mensch in jedem Land. Wir kommen und wir gehen, wir singen und wir grüßen, wir weinen und wir lachen, wir beten und wir büßen, Gott will uns fröhlich machen.“ Auch Hüsch war der Ansicht, dass Kirche und Fröhlichkeit sich keineswegs ausschließen.
Schließlich warteten im Gemeindezentrum 100 leckere „Berliner“ auf dankbare Abnehmer.

Neue Gottesdienstformen sind ein Anliegen von Pfarrer Guido Meyer-Wirsching und seinem Team. Nun wurde ein weiterer Akzent gesetzt. Manch einer aus den Reihen der Gläubigen war bereits bei der Ankündigung des Karnevalsgottesdienstes neugierig geworden, weil er von dem Seniorenfest der Frauenhilfe im Juli 2024 gehört oder es miterlebt hatte. Damals unternahm der Pfarrer eine reich illustrierte musikalische Reise in die Nachkriegs-Schlagerwelt von Peter Alexander, Rudi Schuricke, Conny Francis oder auch Bill Ramsey.

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Text: R. Nix