Susanne Falcke und Oliver Günther wollen für die nächsten 8 Jahre ab Januar 2022 Superintendentin bzw. Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Steinfurt-Coesfeld-Borken werden und Joachim Anicker nach 17 Jahren im obersten Leitungsamt ablösen. Damit die Synodalen sich vor der Wahlsynode am 17. September ein umfassendes Bild der beiden machen konnten, hatte der Kirchenkreis am 20. August zu einem Synodalabend in die Gronauer Stadtkirche eingeladen. Neben den rund 40 anwesenden Gästen verfolgten weitere 45 Personen die Veranstaltung digital.
Der 47-jährige Oliver Günther, der seit 2015 Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Oberholzklau im Kirchenkreis Siegen ist und von 2014 bis 2015 bereits einmal für kurze Zeit Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Prignitz (Brandenburg) war, deutete eine mitgebrachte Giraffenfigur im Blick auf seine Haltung so: „Ein schönes Bild für einen geerdeten Glauben, der mit beiden Beinen auf der Erde steht und mit dem Kopf im Himmel ist.“ Mit Vernunft und Verantwortung wolle er Leitungsverantwortung übernehmen, kreativ und innovativ denken und dabei strukturiert arbeiten. Als zentrale Herausforderung benannte er: „Wie schaffen wir es, junge Menschen für Kirche zu gewinnen und gleichzeitig Suchenden, Fragenden und Älteren Zuversicht zu vermitteln?“
Die 46-jährige Susanne Falcke, seit 2011 gewählte Pfarrerin der Evangelischen Kirchengemeinde Dülmen und seit vergangenem Jahr Stellvertreterin von Superintendent Anicker, hatte ein besonderes Holzkreuz dabei, das die Aufschrift „Vertrauen haben, Lösungen finden“ trug – „ein guter Spruch für das Amt“, befand sie. Die beiden Leisten des Kreuzes lassen sich nur durch Dynamik voneinander trennen – Falcke machte es vor und drehte das Kreuz auf dem Boden. „Mir ist es wichtig, dass wir im Kirchenkreis miteinander in den Flow kommen, in den Kirchengemeinden, in den Ausschüssen, in der Synode. Wir können solche Räume schaffen, in denen ein Flow herrscht und Neues entstehen kann“, zeigte sie sich überzeugt. Nicht mehr Optimierung des Bestehenden, sondern Erneuerung sei für die Zukunft der Kirche entscheidend.
Der Journalist Martin Fahlbusch stellte den beiden im Anschluss Fragen zu den Themen sexueller Missbrauch, schrumpfende Volkskirche, Gewinnung von Haupt- und Ehrenamtlichen, gesellschaftliche Relevanz der Kirche – die keine großen inhaltlichen Differenzen der beiden Befragten zutage brachten.
Erst bei der Frage „Wovor haben Sie Manschetten?“ gingen die Antworten erwartungsgemäß auseinander. Während Günther zugab, Respekt davor zu haben, die Zeit, die er benötigen würde, um richtig anzukommen, könnte nicht ausreichen, weil Konflikte womöglich schneller auf der Tagesordnung stehen, räumte Falcke ihre Sorge ein, bei der Fülle der herausfordernden Aufgaben den „Flow“ einzubüßen.
Die sich anschließenden Fragen der Synodalen waren teils sehr konkret; so ging es um die Rolle der Verwaltung (Günther: „Verwaltung darf niemals Selbstzeck sein“, Falcke: „Verwaltung kann nur dienen, wenn sie entsprechend ausgestattet ist“), dem Markenkern des Kirchenkreises (Günther: „Die Gnade Gottes auszurichten an das Volk“, Falcke: „Wir sind ‚mehr als du glaubst‘, wir sind mehr und haben mehr zu bieten, als man denkt“), Kinder- und Jugendarbeit (Günther: „Wir müssen vielfältige Angebote machen, dann lassen Menschen sich einladen“, Falcke: „Musik zieht!“), Digitalisierung (Falcke: „Wir müssen zweigleisig fahren, aber wir sind vor allem ein ‚Beziehungsverein‘“, Günther: „Wir müssen die hybride Kirche weiterentwickeln“), Ökumene (Günther: „Die Herausforderungen für Kirche sind so groß, es gelingt uns nur gemeinsam, Antworten zu finden. Wichtig ist, die eigene Identität zu bewahren“, Falcke: „An der Basis erlebe ich eine ökumenische Selbstverständlichkeit, dort sollten wir beherzt und mutig weitermachen“).
Nach zwei Stunden intensiven Austauschs entließ Hausherr Pfarrer Uwe Riese alle Anwesenden mit der Aussicht auf eine spannende Wahlsynode am 17. September in Burgsteinfurt. Der Dienstantritt der gewählten Person ist erst für Januar 2022 vorgesehen, bis Jahresende übt Superintendent Anicker das Amt noch aus. Die Amtseinführung erfolgt durch Dr. Annette Kurschus als Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen.