Kirchenkreis Steinfurt Coesfeld Borken

Christliche Freiheit und Freiheit der anderen

Evangelische Kirchen in NRW eröffnen Jahr der Toleranz 2013. Minister Schneider kündigt Konzept gegen Armut und soziale Ausgrenzung an.

Der lippische Landessuperintendent Dr. Martin Dutzmann, der designierte Präses der EKir Manfred Rekowski, die westfälische Präses Annette Kurschus, NRW-Minister Guntram Schneider und Prof. Michael Weinrich (Bochum) eröffneten gemeinsam das Jahr der Toleranz (Foto: EKvW).

In den drei evangelischen Landeskirchen in Nordrhein-Westfalen steht 2013 das Thema Toleranz besonders im Mittelpunkt. Die westfälische Präses Annette Kurschus eröffnete das Jahr der Toleranz 2013 jetzt in Schwerte-Villigst gemeinsam mit Vertretern der rheinischen und der lippischen Landeskirche. Guntram Schneider, NRW-Minister für Arbeit, Integration und Soziales, begrüßte die Entscheidung der Kirchen für dieses Thema.

Das Jahr der Toleranz ist eine Station auf dem Weg zum Reformationsjubiläum 2017. Dann jährt sich die Veröffentlichung von Martin Luthers Thesen von 1517 zum 500. Mal. Daraus erwuchs eine Bewegung, aus der die evangelische Kirche entstand.

Rekowski: Lerngeschichte ist noch nicht abgeschlossen 

Oberkirchenrat Manfred Rekowski (Düsseldorf), der am 3. März in der Evangelischen Kirche im Rheinland die Nachfolge von Präses Nikolaus Schneider antritt, betonte: „Die Freiheit eines Christenmenschen erkennt eben auch die Freiheit derer, die anders sind, anders denken, anders handeln.“ Die evangelische Kirche sei durch die Reformation gegangen und habe ihren Alleinvertretungsanspruch aufgegeben. Er verschwieg jedoch nicht, dass die Geschichte der Reformation „immer auch eine Geschichte der Scham und der Schuld“ sei. „Wir haben hier als evangelische Christen also eine Lerngeschichte hinter uns. Aber diese Lerngeschichte ist noch nicht abgeschlossen.“

Kurschus: Menschen verfügen nicht über die Wahrheit 


Präses Annette Kurschus (Bielefeld), leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen, rief zu einer Toleranz auf, die über das bloße Dulden und Ertragen hinausgeht. Toleranz bedeute auch, mit dem Gegenüber um das Gemeinsame zu ringen und dabei die Unterschiede zu achten. Dabei gelte immer: „Christliche Toleranz glaubt nicht, im Besitz der Wahrheit zu sein. Sie will nicht über die Wahrheit verfügen. Und dies nicht, weil sie die Wahrheit gering schätzt – sondern umgekehrt: Weil sie Ehrfurcht vor der Wahrheit hat.“ Die Wahrheit sei nie in den Händen der Menschen, sondern ganz bei Gott und den Menschen entzogen.
„Das Verstehen im Miteinander, im Dialog, ist der Weg, den Gott mit den Menschen gehen will. Wie wir diesen Weg gehen und gestalten, darin bewährt sich die Toleranz“, sagte Präses Kurschus.

Schneider: Respektvoller Umgang ersetzt nicht konkretes politisches Handeln 

Mit ihrem Themenjahr zur Toleranz greife die Kirche eine Frage auf, die sich gegenüber anderen Religionsgemeinschaften heute mehr denn je stellt, erklärte Minister Guntram Schneider: „Ich denke vor allem an unsere muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, deren Integration eine wichtige Aufgabe des Staates ist.“ In Nordrhein-Westfalen leben 1,5 Millionen Muslime, etwa sieben Prozent der Bevölkerung. Der Respekt vor anderen, egal welcher Herkunft, Religion, welchen Alters oder Geschlechts müsse im Vordergrund stehen, im Wort und im Handeln. Der Minister betonte aber gleichzeitig, dass ein respektvoller Umgang nicht konkretes politisches Handeln ersetze – besonders gegen die soziale Spaltung. „Deshalb ist für die Landesregierung die Bekämpfung von Armut und sozialer Ungerechtigkeit eine wichtige Leitplanke unserer Politik. Wir wollen, dass die soziale Schere in unserem Land nicht noch weiter auseinandergeht und die Menschen wieder von ihrer Arbeit leben können. Deshalb starte ich in diesem Frühjahr eine Kampagne für Faire Arbeit.
Und bis zum Jahresende legt die Landesregierung ein Handlungskonzept gegen Armut und soziale Ausgrenzung vor.“

www.jahr-der-toleranz.de