Kirchenkreis Steinfurt Coesfeld Borken

Begleitung und Zuhören im Besuchsdienst

Kirchenkreis lud Ehrenamtliche zu Weiterbildung ein

 

Pfarrerin Martina Espelöer beleuchtete die zahlreichen Facetten des kirchlichen Besuchsdienstes. Foto: Nix

Besuchsdienst bedeutet persönliche Beziehungspflege innerhalb von Kirchengemeinden. Er gehört zum christlichen Leben in einer Gemeinde. Anlässe, Menschen aufzusuchen, ihnen Aufmerksamkeit zu widmen und ihren Lebensmut zu stärken, gibt es viele. So werden zum Beispiel Alte und Kranke aufgesucht, auch Geburtstage, ein Wohnortwechsel oder Feste und geistliche Amtshandlungen gehören zum Aufgabenbereich von Besuchsdienstlern. Solche Menschen haben oft Gutes in ihrem Leben erfahren und möchten anderen etwas davon zurückgeben. Manche haben auch schlechte Erfahrungen gemacht und widmen sich genau aus diesem Grund anderen Menschen, weil sie verstehen, was sie bewegt.
Die Erwachsenenbildung des Kirchenkreises lud Menschen, die ehrenamtlich im Besuchsdienst aktiv sind, zum Fortbildungstag „Fragen im Alter: Schuld, Konflikte, verpasste Lebensmöglichkeiten“ ein. Ort war das Haus der Kirche und Diakonie in Burgsteinfurt.

„Wenn man in Gesprächssituationen mit Menschen geht, die man eigentlich nicht kennt, sollte man vorbereitet sein“, sagt die Referentin Martina Espelöer. Sie ist Pfarrerin, Supervisorin, Superintendentin a. D., Mediatorin und Diplom-Sozialpädagogin. „Es geht um die Vorbereitung auf ganz unterschiedliche Situationen der Begegnung und Kommunikation“, erläutert sie. Manchmal berührt der Besuchsdienst Bereiche des Seelsorgerischen, wenn jemand dem Besuchenden schwierige Fragestellungen und Erlebnisse anvertraut. Es kann um Schuldgefühle gehen, um verpasste Versöhnungssituationen mit Freunden oder Angehörigen, weil die Betreffenden verstorben sind oder auch um Zerwürfnisse, die nicht aufgelöst wurden.
„Verpasste Versöhnungssituationen erwiesen sich im Seminar als großes Thema“, so die Supervisorin. Jemand, vielleicht die Eltern oder Freunde, sind gestorben, aber viele Fragen blieben ungeklärt. „Oft drängen sie am Ende des Lebens wieder ins Bewusstsein und Betroffene fragen, wie sie damit umgehen sollen“, erklärt die Pfarrerin. „Das belastet Menschen und es ist wichtig zu betonen, dass man nicht zwingend auf alles eine Antwort parat haben muss.“ 

Rollenspiele mit konkreten Situationen gaben den Ehrenamtlern Hilfestellung. Es ist für viele eine Frage, wie es eigentlich funktioniert, anderen zuzuhören, ohne den Eindruck der Hilflosigkeit zu erwecken. „Es geht einfach darum, das Gegenüber auch ohne viele Worte auf- und ernst zunehmen“, betont Espelöer. Ein wichtiger Punkt ist, manche Situationen erst einmal zu betrauern, weil das noch nicht angemessen getan wurde. Da gibt es die Metapher der Trauer-Körbe. Darin werden Dinge gesammelt, die von den Betreffenden als verpasste Lebensmöglichkeiten betrachtet werden. Das könnte der Abschied von verstorbenen Eltern sein, ohne dass noch angemessene Worte des Dankes oder der Kritik gefunden wurden. „Einfach da sein, zuhören, die Hand nehmen und sagen: Ich bin jetzt bei Ihnen, Sie dürfen traurig sein, ich bin jetzt da.“ Auch das bedeutet Beistehen. „Es bedeutet nicht, immer zu behaupten ´ich kenne die Antwort genau` oder konkrete Handlungsanweisungen zu geben.“ 

Es gibt Menschen, die besuchen Hochaltrige, bei denen vielleicht schon dementielle Veränderungen eine Rolle spielen. „Bei ihnen bekommt Beistehen eine andere Dimension“, so die Seminarleiterin. Es gibt sicher auch viele Seniorinnen und Senioren, die aktiv und fit sind, wie es die Werbung immer vorgaukelt. Aber was ist, wenn jemand diesem Ideal nicht mehr entsprechen kann? Manche verlieren ihre körperlichen und geistigen Fähigkeiten. „Es ist auch Auftrag der Kirche, bei solchen Menschen zu sein“, hebt Espelöer hervor. Wenn sich Ehrenamtliche dieser Aufgabe verschreiben, werden sie vom Kirchenkreis nicht allein gelassen. „Wir wollen diese Frauen und Männer dabei unterstützen, wenn sie Menschen zu Hause, in Altenheimen, im Krankenaus oder Hospiz besuchen“, sagt die Pfarrerin. „Wir wollen ihnen Mut machen, sich solchen Situationen zu stellen, wir wollen ihnen etwas an die Hand geben, damit der Dienst am Nächsten nicht nur Vorsatz bleibt und an der Frage scheitert, wie man das eigentlich macht.“ 

Text: R. Nix