„Really great – wirklich großartig“, findet Echlas Al Azzeh die Bildungsfreizeit „Weiterbildung – Integration – Begegnung“, kurz „WIB“, in der Evangelischen Jugendbildungsstätte in Nordwalde. Die junge Frau im Rollstuhl fühlt sich wohl in der evangelischen Einrichtung. Aus einem Flüchtlingscamp im palästinensischen Bethlehem ist die junge Frau mit dem offenen Lächeln, den wachen Augen nach Nordwalde gekommen. „In unserem Flüchtlingscamp im Zentrum der Stadt lehre ich eigentlich internationalen Freiwilligen die arabische Sprache“, erzählt die Muslimin. Nach Nordwalde führte sie jetzt eine einwöchige Bildungsfreizeit für Menschen mit und ohne Behinderung. Seit 30 Jahren bereits treffen sich rund 30 Teilnehmende und 15 bis 20 Teamer, die meisten aus Westfalen, zum „WIB“ in der Jugendbildungsstätte. Gemeinsam mit Superintendent Joachim Anicker und Inklusions-Referentin Eva Beeres-Fischer erinnerten sich die WIB-Gäste jetzt an 30 Jahre Weiterbildung, Integration und Begegnung in Nordwalde.
„Hier erleben wir Gemeinschaft, wie Gott sie sich wünscht“, meint der Superintendent im Rahmen des Geburtstagskaffees. Gemeinsam mit den Veranstaltern und Gästen der Bildungswoche blickt Anicker auf 30 Jahre Inklusionsfreizeit in Nordwalde zurück. Dabei ist WIB viel älter. Nach einem Trägerwechsel des einstigen Hauses Husen in Dortmund-Syburg suchte die Bildungswoche für körperbehinderte und nichtbehinderte Erwachsene und Ehrenamtliche in der Behindertenarbeit 1984 nach einem neuen Ort für die gemeinsame Arbeit. Seither lädt ein Förderkreis jährlich zu den einwöchigen Freizeiten nach Nordwalde ein. Der einstige Leiter der Jugendbildungsstätte, Manfred Daberkow, berichtet Inklusionsreferentin Beeres-Fischer, habe sich vor 30 Jahren vehement für das Projekt „WIB“ in den Räumen der Jugendbildungsstätte eingesetzt. In der Bildungsstätte des Evangelischen Kirchenkreises Steinfurt-Coesfeld-Borken feiern die Teilnehmenden seither gemeinsame Gottesdienste, erleben Workshops und Mitmach-Aktionen oder brechen zu Exkursionen in die Region auf. So führte das diesjährige Motto „Die gute alte Zeit – die gute neue Zeit. Von Geschichten und Lebensgeschichten und wie wir sie gemeinsam erleben“ die WIB-Gäste ins Rock- und Popmuseum nach Nordwalde.
„Ich freue mich auf die Begegnungen und die Gespräche das ganze Jahr über“, erzählt Christa Langemeyer. Die junge Frau aus Bielefeld kommt seit 13 Jahren nach Nordwalde. „Das bedeutet für mich eine wichtige Abwechslung und eine Erfahrung für Körper und Geist“, so die Bielefelderin weiter. Im Hintergrund sorgen Pfarrerin Marianne Funda aus Hattingen, Beraterin und Trainerin Dorthe Leschnikowski-Bordan sowie über ein Dutzend Ehrenamtliche aus ganz Nordrhein-Westfalen für ein abwechslungsreiches Programm. Eva Beeres-Fischer, in der Jugendbildungsstätte für die Bildungsarbeit für Menschen mit Behinderung zuständig, bildet die Brücke nach Nordwalde. Eine Brücke bildete das WIB-Projekt damit auch für Echlas Al Azzeh. Über die WIB-Teamerin Hanna Neuhaus aus Sprockhövel, die vor zwei Jahren ein Freiwilligenprojekt in einem palästinensischen Flüchtlingscamp verbrachte, erfuhr die Arabisch-Lehrerin von der Nordwalder Bildungsfreizeit. „Das ist hier alles viel besser, als ich erwartet hatte“, meint Al Azzeh. „Zuhause in Palästina habe ich diese Möglichkeiten nicht“.