Kirchenkreis Steinfurt Coesfeld Borken

3 Fragen an ...

In der Rubrik "3 Fragen an ..." der monatlichen KK-NEWS stellen wir einer Persönlichkeit aus dem Evangelischen Kirchenkreis drei Fragen zu einem aktuellen, oft auch kontroversen Thema. In diesem Monat äußert sich Presbyter Friedrich Gregory aus Ahaus zum Thema Atomenergie. Im Folgenden lesen Sie das ungekürzte Interview, das parallel in den KK-NEWS, Ausgabe 77/2012 am 17. Februar erscheint.

Herr Gregory, Sie engagieren sich seit langem in der Region Gronau-Ahaus in der Anti-Atom-Bewegung. Warum?

Ich glaube an Gottes Wirken in der Schöpfung und verstehe mich als Christ in die Verantwortung genommen. Dorothee Sölles Bezeichnung für Gott „Du stilles Geschrei“ stützt mich in meinem Engagement. So ist für mich die Natur die Grundlage meines und des Lebens meiner Mitmenschen und aller Mitgeschöpfe, die es zu bewahren und zu schützen gilt. Ich wende mich gegen Umweltzerstörung aus zumeist wirtschaftlichen Interessen oder auch aus Bequemlichkeit und bemühe mich um umweltschonende Alternativen. 

Zugleich widerspreche ich der Verharmlosung der Folgen der nur zeitnahen und schon für die nächste Generation nicht mehr nutzbaren Vorteile des derzeitigen Umgangs mit fossilen und radioaktiven Energiequellen. Ich will deshalb möglichst viele Menschen sachlich fundiert und belegt durch offizielle Quellen informieren.  
    
Mittlerweile ist der Atomausstieg beschlossene Sache. Fällt es Ihnen da nicht schwer, sich auch weiterhin zu engagieren und Unterstützer zu finden?

Der beschlossene Ausstieg ist heikel: Der Betrieb von Atomkraftwerken und anderen atomaren Anlagen beinhaltet weiterhin extreme Risiken gerade auch für unsere Region (AKW Lingen, Urenco Gronau, BZA Ahaus). Die Behauptung, Atomtechnologie sei völlig sicher, ist eine Hybris. Wie die Öffentlichkeit über Unzulänglichkeiten, Gefährdungspotentiale und Gefahrensituationen in atomaren Anlagen informiert wird, auch wie politisch gehandelt wird, halte ich für bedenklich. Das fordert mich zur Einmischung heraus. Dennoch ist es in Ahaus schwer, viele Unterstützer zu finden. Hier wird das Thema seit Jahren tabuisiert, kritische Informationen sind unerwünscht – das bleibt für mich erstaunlich und nicht nachvollziehbar.

Mehr Unterstützung finde ich in anderen Orten, insbesondere auf den Kirchentagen: Auf dem „Marktplatz Zukunft“ der westfälischen Landeskirche wird der Stand „Ahauser Christinnen und Christen gegen Atommülltransporte“ sehr viel besucht. Das Konzept verfolgt zwei Perspektiven: Einerseits kritische Informationen, andererseits engagierte Werbung für alternative Energien. Die dort beobachtete große Zunahme der alternativen Energieversorgung zu Hause und in den Gemeinden ist sehr ermutigend.

2010 wandte sich die Kreissynode gegen die Atomenergie. Ist diese synodale Erklärung heute noch aktuell?


Aktualität ist bei einer Zeitschiene von 40.000 Generationen Endlagerung sehr relativ, ebenso bei persönlicher Widerstandsarbeit von rund 25 Jahren. Aktuell bleiben die aufgestellten Forderungen, weil sie gesellschaftlich noch nicht erfüllt wurden. Sehr erfreulich ist für mich die mittlerweile umgesetzte Entscheidung, Strom aus regenerativen Quellen zu kaufen auf der Grundlage einer klaren Entscheidung gegen den Primat der Kosten zugunsten intergenerationeller Verantwortung und Solidarität. Dennoch muss weiterhin der Zusammenhang von diakonischer und politischer Verantwortung und Sensibilität  immer wieder neu thematisiert werden, z.B. im synodalen Ausschuss für gesellschaftliche Verantwortung.

„Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“ So ermutigt Paulus den verzagten Timotheus (1Tim1,7), und durch diese Worte lasse auch ich mich ermutigen. 

Vielen Dank für das Gespräch!


Friedrich Gregory gehört dem Presbyterium der Evangelischen Christus-Kirchengemeinde in Ahaus an und engagiert sich seit langem gegen die Atomenergie und das Transportbehälterlager bzw. Brennelement-Zwischenlager in Ahaus.