In mehr als 100 Konzerten und Veranstaltungen stand am 16. Juni 2024 die Kirchenorgel im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Zum dritten Mal veranstaltete die Evangelische Kirche von Westfalen in enger Zusammenarbeit mit den drei katholischen Erzbistümern Paderborn, Münster und Essen sowie zahlreichen weiteren Kooperationspartnern den Westfälischen Orgeltag.
Die Kirchenorgel gilt als „Königin der Instrumente“, ihr wunderbarer Klang ist mit nichts zu vergleichen. Die Bandbreite reicht von sanftem Pianissimo bis hin zu donnerndem Fortissimo. Manche Orgeln verfügen über mehrere 100 Pfeifen, andere haben viele tausend davon. Auch im Evangelischen Kirchenkreis Steinfurt-Coesfeld-Borken standen vielbeachtete Veranstaltungen auf dem Programm.
In Gronau beispielsweise erlebte das Publikum in der Evangelischen Stadtkirche die „Orgelsinfonie“, wie das romantische Konzert in F-Dur für Orgel und Orchester von Josef Gabriel Rheinberger (1839 - 1901) genannt wird. Ein Erlebnis, bei dem Kreiskantor Dr. Tamás Szöcs als Orgelsolist ganz besonders beeindruckte.
In Steinfurt wurden sowohl in der großen Evangelischen Kirche im Ortsteil Burgsteinfurt als auch in der Auferstehungskirche in Borghorst Konzerte gegeben. In Burgsteinfurt standen die Kinder als Publikum im Vordergrund. Sie lauschten dem Orgelmärchen „Die Kirschin Elfriede“, das von Bärbel Beber einfühlsam vorgelesen wurde. Kantorin Simone Schnaars entlockte der Orgel zu den Bildern, die an die Wand projiziert wurden, farbenfrohe Töne. Das Instrument in der Großen Kirche wurde ursprünglich im Jahr 1658 von Conrad Bader gebaut. In das vorhandene Gehäuse, „Prospekt“ genannt, integrierte Orgelbauer Alfred Führer 1968 ein neues Klangwerk. Restauriert werden musste die Orgel nach dem Orkan Vivian, der 1990 das Dach des Gotteshauses teilweise zerstörte und das Instrument in Mitleidenschaft zog.
„Zum Mond in der Geschichte der Kirschin Elfriede spielte ich eine sanfte Melodie mit den Holzflöten des Instrumentes, während ich um ein lautes Gewitter darzustellen viele verschiedene Register zog“, erläuterte die Kantorin.
Abends gestaltete sie in der Auferstehungskirche Borghorst ein Konzert mit unter anderem Orgelchorälen von Johann Sebastian Bach (1685 – 1750), Choralvorspielen zu „Der Mond ist aufgegangen“ von Norbert Linke (1933 – 2020) oder „Hilf Herr meines Lebens“ von Johannes Matthias Michel (*1962) und spielte auch den 1. Satz aus dem Concerto g-Moll für Orgel von Georg Friedrich Händel (1689 – 1759). Das Instrument in der Auferstehungskirche ist weitaus bescheidender als das in der Großen Kirche, seinen Pfeifen kann trotzdem eine erstaunliche Klangbreite entlockt werden, wie Simone Schnaars demonstrierte. Hier steht eine Orgel, die Paul Ott (1903 – 1991) im Jahr 1962 erbaute, einem deutschen Orgelbauer und Vertreter der so genannten „Orgelbewegung“ des 20. Jahrhunderts. Elisabeth Bilke las Texte von Hanns Dieter Hüsch (1925 – 2005), dem unvergessenen Kabarettisten, Schriftsteller, Schauspieler und Liedermacher. Ihn charakterisierten das Vertrauen auf Gott und Jesus Christus sowie politisches und gesellschaftliches Engagement. In seiner „Apostelgeschichte 2“ heißt es: „Gott ist nicht leicht, Gott ist nicht schwer, Gott ist schwierig…Gott ist das Lachen, nicht das Gelächter, Gott ist die Freude, nicht die Schadenfreude…“
Kantorin Schnaars erläuterte die Funktionsweise und die Bauelemente der beiden Orgeln in Steinfurt, wozu sie auf die Größen der Pfeifen ebenso einging wie auf die Anordnung und die Verbindung mit der Tastatur. Die Möglichkeiten, die Königin der Instrumente an vielen Orten zu erleben, waren immens. Sie reichten bis hin zu Radtouren, die verschiedene Kirchen ansteuerten und somit zahlreiche Eindrücke ermöglichten.
Text: R. Nix