Kirchenkreis Steinfurt Coesfeld Borken

Nur, wenn man sich kennt…

Ausstellung in der Großen Kirche Burgsteinfurt setzt ein Zeichen für Toleranz

1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland. Ein Anlass, im Festjahr 2021 Gegenwart und Vergangenheit näher unter die Lupe zu nehmen. In der Großen Ev. Kirche Burgsteinfurt wurde am jetzt die Ausstellung „Spurensuche_n im Gestern und Heute“ eröffnet. Noch bis zum 19. August sind dort Geschichten, Dokumentationen und Fotos, auf 14 historische Türblättern platziert, zu sehen. In einem ko-kreativen Prozess haben bei dieser Ausstellung der „Expedition Münsterland“ der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) gemischte Teams aus Wissenschaftler*innen, Bürger*innen und Studierenden Inhalte sowie Themen aufgearbeitet.  Als Veranstalter tritt die Ev. Kirchengemeinde Burgsteinfurt in Zusammenarbeit mit dem Kirchenkreis Steinfurt-Coesfeld-Borken, der Stadt Steinfurt und weiteren Kooperationspartnern in Erscheinung.

„Wir tauchen in die Geschichte ein, was mit Erinnerung, aber auch mit der Gegenwart zu tun hat“, sagte Hans-Peter Marker, Pfarrer in der Ev. Kirchengemeinde Burgsteinfurt. „Diese Ausstellung ist ein Statement gegen jede Form des Antisemitismus“, hob er hervor. Die Besucher*innen erfahren etwas über die jüdische Geschichte in Steinfurt, über jüdische Friedhöfe im Münsterland, über die staatlich verordnete Deportation im Dritten Reich und vieles mehr. Ein über Touchscreen abrufbarer Film zeigt den jüdischen Alltag in Münster. „Lebendiges jüdisches Leben ist in Münster wieder möglich“, setzte Sharon Fehr, Vorsteher der Gemeinde in der Westfalenmetropole, einen weiteren Akzent der Hoffnung.

„Erinnern, Spuren suchen und Bewusstsein schaffen, Aufmerksamkeit zu erregen und aufmerksam zu sein ist das Anliegen dieses Projektes“, formulierte WWU-Prorektor Dr. Michael Quante in einer Videobotschaft. „Wir wollen uns mit dem jüdischen Leben beschäftigen, wir wollen im Dialog Vertrauen schaffen, denn nur wenn man sich kennt, kann man gemeinsam auch sinnvoll zusammenleben“, so Quante weiter.

Die Ausstellung ist eine Reise durch das jüdische Leben in seiner Vielfalt, sowohl im Münsterland als auch in Burgsteinfurt. Es geht um Schicksale, die betroffen machen, aber auch um positive Aspekte. Narrative Erzählungen erinnern unter anderem an Hermann Emanuel, den letzten Lehrer und Kantor der jüdischen Gemeinde Burgsteinfurt

„Wissen wir überhaupt, wie viele Menschen jüdischen Glaubens heute bei uns leben?“, so Steinfurts Bürgermeisterin Claudia Bögel-Hoyer. Sie stellte die Frage in den Raum, ob es überhaupt wichtig sei, welcher Religion jemand angehöre. „Ist es nicht viel wichtiger, anständig und respektvoll miteinander umzugehen?“, stimmte die Bürgermeisterin das Publikum nachdenklich. Sie betrachtet die Ausstellung als gutes Zeichen in einer Zeit, in der es leider auch in Deutschland wieder Städte gebe, in denen man sich nicht mit einer Kippa auf der Straße sehen lassen dürfe ohne Gefahr zu laufen, angepöbelt zu werden.“ Dem gegenüber lobte sie die tolerante Haltung in Steinfurt. „Solange ich Bürgermeisterin bin, werde ich mich für Weltoffenheit in unserer Stadt einsetzten! Mit Ihnen gemeinsam“, versprach sie.

Jüdische Weisen, auf dem Klavier von Kantorin Simone Schnaars gespielt, begleitet von der Klarinettistin Heidrun Reeke, stimmten das Publikum ein. „Wir können das Unrecht nicht wieder gut machen, aber wenn wir die Erinnerung daran ebenfalls auslöschen, machen wir und erneut schuldig“ steht als Zitat auf einer Tür zu lesen. Es ruft die dunklen Zeiten der Judenverfolgung wach. Leider hat sich Intoleranz grundsätzlich bis in die Jetztzeit gehalten.

Zu den besonderen Gästen zählte Christian Fürst zu Bentheim und Steinfurt. Die regulären Öffnungszeiten der Ausstellung: bis zum 19. August jeweils donnerstags bis sonntags 15 Uhr bis 18 Uhr. Weitere Informationen zur Ausstellung finden Sie auf der Homepage der Ev. Kirchengemeinde Burgsteinfurt.

Rainer Nix