„Leben Frauen Religion anders?“ war das bestimmende Thema des Internationalen Frauentages in der Ahauser Tonhalle. Sybille Großmann, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Ahaus, das aktuelle forum Volkshochschule, die kfd Ahaus und des Frauenreferat des Evangelischen Kirchenkreises Steinfurt-Coesfeld-Borken hatten dazu die Bonner Religionswissenschaftlerin Dr. Jeannette Spenlen eingeladen. Knapp 50 Frauen folgten dem mehrstündigen Angebot, das nachmittags begann und mit einem Konzert der vier Saxophonistinnen aus Enschede „Quatre femmes“ abends endete.
„Welche Rollen spielen Frauen in den verschiedenen Religionen? Wie leben Frauen ihre Religion im Alltag?“ – mit diesen Fragen sensibilisierte Adelheid Boer von der VHS gleich zu Anfang die Teilnehmerinnen. Spenlen versuchte Fakten und Entwicklungen zu zeigen, die sie im Islam, im Christentum und im Judentum festgestellt hatte. „Frauen waren immer da, aber unsichtbar, was das öffentliche Leben angeht“, so Spenlen. Mit der Einführung des Internationalen Frauentages vor knapp 100 Jahren wurde auch die Rolle der Frau innerhalb der Religionen neu diskutiert.
In der christlichen Religion seien die Rollen der Frauen festgelegt und in den Traditionen verwurzelt. Genau das werde seit den 70er Jahren in den USA und in der BRD neu beleuchtet. Die Frauen seien für die Religion und gegen das Patriarchat. Die sogenannte „Göttinreligion“ sei das Ergebnis der Entwicklung im Christentum. Dazu haben Frauen neue Riten entwickelt, eine neue weibliche Spiritualität und eine feministische Theologie.
Im Judentum war die Frau lange Zeit die „Ermöglicherin“, die ihrem Mann religiöse Studien erlaubte, während sie ausgeschlossen war vom Studium der Schriften. Bertha Pappenheim gründete 1904 den Jüdischen Frauenbund, der 1933 von den Nationalsozialisten aufgelöst wurde. Regina Jonas war die erste Rabbinerin in Berlin Anfang des 20.Jahrhunderts. In muslimischen Ländern gebe es eine Minderheit, die sich für mehr religiöse Bildung von Frauen einsetzen. Männer sollten nicht den Frauen sagen, wie sie den Koran lesen sollen, so Spenlen.
„Der Dialog untereinander ist wichtig zur Schaffung des sozialen Friedens. Jeder Dialog lohnt sich, nicht nur der interreligiöse, sondern auch der interkulturelle Dialog“, eröffnete Spenlen die Fragerunde.
„Der großen Mehrheit der Frauen ist es nicht wichtig, religiöse Ämter zu bekleiden“, schränkte sie das Bestreben der Frauen ein, wichtige Positionen zu bekleiden. In der Evangelischen Kirche habe sich in dieser Hinsicht am meisten bewegt. „In der katholischen Kirche waren eine Zeitlang Diakoninnen im Gespräch. Das wurde wieder fallen gelassen, weil die Frauen nicht dahinter standen“, betonte Spenlen. Die Referentin und Josefine Müller leiteten die Gesprächskreise, in denen die Anregungen aus dem Vortrag vertieft werden konnten. Dabei wurde deutlich, dass der interreligiöse und der interkulturelle Dialog beschleunigt werden müsse zum Nutzen aller.