Kirchenkreis Steinfurt Coesfeld Borken

Wie entsteht eigentlich Zukunft?

Interdisziplinäres Symposium des Ev. Kirchenkreises und des Vereins "WieWollenWirLeben e.V." machte nachdenklich

Thomas Flachsland (links) mit Ulrich Ahlke, Dagmar Spelsberg-Sühling und Dr. Esther Sühling im Studio (Foto: Rainer Nix).

Dr. Esther Sühling tauchte in das Star-Trek-Universum ein (Foto: Rainer Nix).

Thomas Flachsland hatte ein Auge auf die Studiotechnik (Foto: Rainer Nix).

Co-Host Jan Tomischat gab Regieanweisungen (Foto: Rainer Nix).

Ehrenamtliche Helfer unterstützten beim Aufbau der Studiotechnik (Foto: Rainer Nix).

„Der Weltraum, unendliche Weiten, wir schreiben das Jahr 2200…“ Ganze Generationen junger Menschen wurden durch die Abenteuer des „Raumschiffs Enterprise“ – im Englischen unter dem Titel „Star Trek“  - motiviert, Astrophysik zu studieren. Die Zukunftsvisionen der Kult-Science-Fiction-Fernsehserie aus den sechziger Jahren faszinierten ihr Publikum. 1972 strahlte das Zweite Deutsche Fernsehen die Folgen aus, später folgten Kinofilme. Die Star-Treck-Crew der Planeten-Föderation ist ethnisch bunt gemischt, man kennt keine Rassenschranken. Angestrebt wird die friedliche Koexistenz aller Lebensformen, auch wenn sich dieser Anspruch nur schwer umsetzen lässt. 

„Wie entsteht eigentlich Zukunft“, fragte jetzt das interdisziplinärs Symposium, veranstaltet von der Spirituellen Arbeit im Kirchenkreis Steinfurt-Coesfeld-Borken in Kooperation mit dem Steinfurter Verein „Wie Wollen Wir Leben e.V.““  und anderen. Den Blick auf die fiktive Gegenwart von morgen durch die pointierte Darstellung des Star-Treck Universums richtete Psychiaterin und Psychotherapeutin Dr. Esther Sühling, auch privat ein „Enterprise“-Fan. „Wir brauchen Zukunftsvisionen, damit wir in der Welt von morgen leben wollen und heute aktiv sind“, sagt Sühling, „und vor allem auch, damit wir kreativ sein können und Veränderungen anstoßen.“ 

Ulrich Ahlke, Vorsitzender des Vereins „Wie wollen wir Leben“ plädiert für die Befreiung vom Überfluss. „Wir besitzen im Durchschnitt pro Mensch 10000 Gegenstände“, so der ehemalige Leiter des Amtes für Klimaschutz und Nachhaltigkeit beim Kreis Steinfurt. Wichtigster Akteur bei der Zukunftsgestaltung sollte nicht die Wirtschaft sein, fordert er: „Wir dürfen das nicht den „Gafas“ überlassen, den großen amerikanischen Internet-Konzernen Google, Apple, Facebook und Amazon.“ Die Wissenschaft sollte den Prozess begleiten, von der Politik dürfe man nicht zu viel erwarten, da Politiker immer gefordert seien, Kompromisse einzugehen. „Ich bin der Meinung, dass die Zivilgesellschaft eine ganz große Rolle spielt.“ 

Besonders war nicht nur die vielschichtige Thematik, sondern auch die Veranstaltungsform. Online über eine Software für Webinare und Videokonferenzen verfolgten zahlreiche Interessierte vier Vorträge zum Thema. „Bereits für März war das Zukunfts-Symposium mit größerem Programm als Präsenz-Veranstaltung geplant“, sagte Pfarrerin Dagmar Spelsberg-Sühling, Beauftragte für Spiritualität und Geistliches Leben im Kirchenkreis. Die Pandemie verhinderte das Programm, coronabedingt wurden Vorträge und Diskussion jetzt  digital ins Internet verlegt. Für März 2021 ist eine Weiterführung des Symposiums mit geisteswissenschaftlichem Schwerpunkt geplant, dann hoffentlich mit Publikum vor Ort. 

Für die technische Realisation des Online-Symposiums sorgte die Evangelische Jugendarbeit. Federführend war Thomas Flachsland, Jugendreferent im Kirchenkreis, tatkräftig unterstützt von ehrenamtlichen Helfern. „Pfarrerin Spelsberg-Sühling  fragte Unterstützung an“, so Flachsland, „daraufhin haben wir unsere Streaming-Installation im Obergeschoss des ehemaligen Kreiskirchenamtes an der Bohlenstiege in Burgsteinfurt aufgebaut.“ Im Dezember zieht die Jugendarbeit in das dort eingerichtete „Haus der Kirche und Diakonie“ um. Für das Symposium wurden mehrere Räume als Komponenten eines Studios eingerichtet, von dem aus die Referenten ihre Vorträge hielten. „Wir haben in der Vor-Corona-Zeit viel Open-Air-Ausstattung im Einsatz gehabt“, erläutert der Jugendreferent. Während des Symposiums war Jan Tomischat als Co-Host aktiv, der alle Online-Teilnehmer in die entsprechenden „Break-Out-Rooms“ -Gruppenräume“ - vermittelte und Regieanweisungen gab. Im Keller des künftigen Jugendarbeit-Domizils ist ein audiovisuelles Studio eingerichtet, in dem Jugendliche agieren können. „Ich werde zukünftig gemeinsam mit Kollegen die Technik in unserem neuen Zuhause weiter voranbringen“, verspricht Flachsland. 

Die Regisseurin, Autorin und Dozentin Maria Franziska Schüller befasste sich in einem weiteren Vortrag des Symposiums mit der „Focusing“ Methode nach Eugene Gendlin. Dieser Prozess des kreativen Denkens und Handelns zeichnet sich durch die Bewegung zwischen dem gegenwärtigen Erleben einer konkreten Situation und dessen Versprachlichung oder Symbolisierung durch Handlungen, Gesten und Ähnliches aus. In einer Diskussionsrunde zitierte sie den amerikanischen Dichter, Essayisten und Journalisten Walt Whitman: „Wir sind die Natur, lange waren wir fort, aber nun kehren wir zurück.“ „Ob mit Corona oder durch Corona, wir müssen begreifen, dass wir ein organismisches Ganzes sind“, so die Dozentin. 

Andreas Weber, Biologe, Philosoph und Autor machte „Die Wirklichkeit als Selbst auf dem Weg zur ökologischen Einheit“ zu seinem Thema: „Die Erde wird von einem blauen Ball in einem leeren All zu einer Akteurin, mit der wir uns verbünden können um das Leben zu bewahren und mehr Fruchtbarkeit in die Welt zu bringen.“ 

Rainer Nix