Das Provisorium, ein schlichter Bierzelt-Tisch, hat bald ausgedient. Zur Feier des Abendmahls aus Platzgründen regelmäßig vor dem Altar aufgebaut, konnte er seine wahre Bedeutung aber nie ganz verbergen. Doch Ende Juli heißt es Abschied nehmen von einem seit 60 Jahren gewohnten Anblick des Innenraums der Martin-Luther-Kirche in der Evangelischen Kirchengemeinde Borken.
„Die Fassade bleibt zumindest erhalten“, erklärt Presbyter Christof Schmiechen zum anstehenden Umbau, der die Kirche innen quasi „auf links“ ziehen wird. Der Zeitplan ist eng getaktet, denn bereits Ende Dezember und damit pünktlich zum Start in das 60. Jubiläumsjahr möchte die Gemeinde hier wieder ihre Gottesdienste feiern.
Der Wunsch nach Veränderung ist seit Jahren ein Thema im Presbyterium, denn der Zahn der Zeit wurde unübersehbar. „Die Fenster sind undicht, die Elektronik marode, die Heizung veraltet und auch die Sanitäranlagen bedürfen dringen einer Überholung“, zählt Schmiechen nur einige der akuten Vorhaben auf. Immer länger wurde diese Liste, denn das Presbyterium merkte schnell, wie marode die Kirche wirklich ist – und schließlich wurde das Architekturbüro „soan Architekten“ beauftragt.
Dieses erkannte Parallelen zu einer 2005 umgebauten Kirche in Bergkamen-Runthe. Nach einem Besuch des Bauausschusses der Kirchgemeinde herrschte Euphorie. Das Besondere daran, ein beweglicher Altar in der Mitte und rundherum Bänke in U-Form, erntete bei der offiziellen Vorstellung des Entwurfs auch die mehrheitliche Zustimmung in der Gemeinde.
Von einigen Wünschen mussten die Borkener jedoch Abschied nehmen. „Es geht wirklich nicht alles“, bekennt auch Christof Schmiechen. Das Thema Barrierefreiheit ist vom Tisch, und auch der Traum einer teiloffenen Kirche bleibt unerfüllt. Dafür wird bald eine Achse, beginnend beim Taufbecken im Eingangsbereich über den mittig platzierten Altar bis zum neuen dreiteiligen Kreuz auf der anderen Seite der hellen Kirche eine würdige Aura verleihen. Rund 100 Sitzplätze werden bereit stehen, weitere 100 Plätze können kurzfristig bereitgestellt werden.
Wenn auch die braunen Sitzbänke in wenigen Tagen ihre Reise als Spende an die Gemeinde in die polnische Gemeinde Smolno Wielkie antreten - das alte Holzkreuz wird der Gemeinde erhalten bleiben. Als Erinnerung an 60 wechselvolle Jahre.
Text: Thomas Hacker