Kirchenkreis Steinfurt Coesfeld Borken

"Gemeinsam am Tisch des Herrn"

Digitale Podiumsdiskussion wurde zu einer engagierten Debatte um die Zukunft der Ökumene

Prof. Dr. Michael Beintker

Prof. Dr. Thomas Söding

„Wir müssen nicht begründen, warum wir uns gegenseitig willkommen heißen, sondern wir müssen begründen, warum wir heute nicht gemeinsam Abendmahl feiern“. Es war eine der zentralen Thesen, die hängen blieb am Ende der Podiumsdiskussion zur Entwicklung und Zukunft der Ökumene, zu welcher der Ev. Kirchenkreis Steinfurt-Coesfeld-Borken eingeladen hatte und die aufgrund der Corona-Beschränkungen digital stattfand. Dabei begrüßte Erwachsenenbildungsreferentin Dr. Esther Brünenberg-Bußwolder mit Prof. Dr. Michael Beintker (emeritierter evangelischer Professor für systematische Theologie und ehemaliger Direktor des Seminars für reformierte Theologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster) und Prof. Dr. Thomas Söding (katholischer Professor für neutestamentliche Exegese an der Ruhr-Universität Bochum) nicht nur zwei ausgewiesene Experten auf dem Gebiet der Ökumene, sondern auch ein eingespieltes Diskussionsteam, das sich auf vielen Veranstaltungen bereits kennen und schätzen gelernt hat.

 

Sakrament der Taufe als verbindendes Element

In einem einführenden Dialog hob Beintker, der Mitglied der 12. Synode der Ev. Kirche Deutschland ist, das gemeinsame Sakrament der Taufe als verbindendes Element der beiden Glaubensrichtungen hervor: „Wir sind alle Glieder des Leibes Christi, der uns berechtigt, uns gegenseitig als Christenmenschen zu sehen.“ Ausgehend von dieser Überlegung stellte er die Frage, ob nicht aus dem Sakrament der christlichen Taufe, die 2007 gegenseitig in der Magdeburger Erklärung anerkannt wurde, die „Gemeinsamkeit am Tisch des Herrn“ resultieren müsse.

Unter jenem Titel – „Gemeinsam am Tisch des Herrn“ – hat er zusammen mit Söding einen Text verfasst, der ein Votum des Ökumenischen Arbeitskreises katholischer und evangelischer Theologen darstellt und insbesondere durch die Ev. Kirche Deutschland (EKD) eine starke Würdigung und Anerkennung fand. Auch auf Seiten der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) sollte es im Herbst 2020 eigentlich zu einer intensiveren Diskussion des Textes kommen, die jedoch durch ein Votum aus dem Vatikan auf Eis gelegt wurde. 

 

Drei zentrale Aspekte

Beintker fasste die gemeinsam vertretenen Positionen anhand drei zentraler Aspekte zusammen: Erstes sei das letzte Abendmahl für Jesus in einer Weise kennzeichnend, wie eigentlich nichts anderes, was von ihm überliefert worden ist. Zweitens könnten wir die Zeichensprache Jesu auch einordnen und verstehen, wozu man in den Dialog mit dem Alten Testament treten und die jüdischen Positionen miteinbeziehen müsse. Dadurch gelange man zu der Erkenntnis, dass das vollkommene Reich Gottes am Ende am besten doch gemeinsam dargestellt werden könne. Und drittens sei durch die menschliche Nähe in der Ausprägung der Abendmahlfeier ein unglaublicher Reichtum mit einer Vielzahl von Formen und Zeichen entstanden, den Beintker als „gemeinsamen Schatz“ bezeichnete.

Die beiden Theologen plauderten im Zuge der Diskussion auch ein bisschen aus dem Nähkästchen, indem sie erzählten, welche Reaktionen ihr Papier ausgelöst habe. „Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass ich mich als evangelischer Professor mal schriftlich auf eine Anfrage äußern muss, die aus Rom kommt“, berichtete Beintker. Söding führte daraufhin aus, dass es einen Brief des Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal Luis Ladaria – von Amts wegen zugleich Präsident der Päpstlichen Bibelkommission und der Internationalen Theologenkommission – gegeben habe, in der dieser sein Unverständnis über die Ausführungen erklärte. Die geäußerten Bedenken nehme er zwar ernst, wobei sie ihn nicht davon abhielten, weiter für seine Überzeugungen zu streiten: „Die Antworten, die ich aus Rom dazu bekommen habe, hätte man vor 30 Jahren geben können, aber nicht mehr heute“, so der Theologe, der auch Berater der Glaubenskommission der Deutschen Bischofskonferenz ist.

Mit Blick auf den 3. Ökumenischen Kirchentag, der vom 13. bis 16. Mai in Frankfurt am Main stattfinden sollte und nun mit vielen dezentralen Veranstaltungen in ganz Deutschland gefeiert wird, habe man einen Vorschlag erarbeitet, der auf evangelischer Seite teils mit Enttäuschung aufgenommen wurde, für die Katholiken jedoch sehr, wenn nicht sogar zu weitreichend sei. Demnach würden die Gemeinden am Samstagabend ihre Gottesdienste feiern und sich anschließend gegenseitig zur Feier des Abendmahls einladen.

 

Wie soll die Umsetzung in den Gemeinden konkret aussehen?

Dieser Vorschlag eröffnete die weitere Diskussion, an der sich die Zuschauer*innen interessiert und engagiert beteiligten. Heike Bergmann, die als Pfarrerin der Ev. Kirchengemeinde in Ochtrup angegliedert ist, stellte die Frage, wie dies nun konkret aussehen könne. „Die katholische und die evangelische Kirche liegen bei uns quasi gegenüber. Würden wir dann jeweils Gottesdienst feiern und anschließend zu den anderen rüber gehen?“ Tatsächlich ließ sich diese Frage noch am selben Abend klären, da auch ihr katholischer Amtskollege in Ochtrup, Pfarrer Stefan Hörstrup, an der Veranstaltung teilnahm. Er machte deutlich, dass er diese Idee unterstützenswert finde und betonte zugleich, dass es ihm ein Anliegen sei, sich im Zuge des Ökumenischen Kirchentags nicht nur gegenseitig einzuladen, sondern auch etwas Gemeinsames auf die Beine zu stellen.

Auch die weitere Diskussion zeigte, dass es bei den Gemeinden eine große Offenheit gegenüber dem gemeinsamen Abendmahl gibt. Die Schrift des Ökumenischen Arbeitskreises „Gemeinsam am Tisch des Herrn“ und die Aktionen zum 3. Ökumenischen Kirchentag seien – so betonte es Söding – in der Entwicklung der Ökumene ein „erster Schritt, der aber noch nicht das Ende des Weges sein kann“.

Maximilian Stascheit