Frauen in kirchlichen Ämtern, im Katholizismus ein vieldiskutiertes Thema. Die Erwachsenenbildung des Ev. Kirchenkreises Steinfurt-Coesfeld-Borken und das Katholische Bildungswerk Coesfeld hatten deshalb online zum ökumenischen Dialog eingeladen.
„Zunächst gilt es, dem landläufigen Urteil zu widersprechen, dass die Reformation der entscheidende Durchbruch zur Gleichberechtigung von Frauen in kirchlichen Ämtern gewesen ist“, betonte Referentin Prof. Dr. Andrea Strübind, Professorin für Kirchengeschichte am Institut für ev. Theologie der Universität Oldenburg. „Die Debatten in der katholischen Kirche auf Ebene des Lehramtes fokussieren sich im Pontifikat von Papst Franziskus nochmal verstärkt, aber anknüpfend an die Diskussionen der siebziger Jahre auf den Ausschluss von Frauen aus einem sakramentalen Amt, weil sie Frauen sind“, apostrophierte Prof. Dr. Dr. h.c. Margit Eckholt, Professorin für Dogmatik mit Fundamentaltheologie am Institut für Katholische Theologie der Universität Osnabrück.
Beide Referentinnen sind berufene Mitglieder im Forum „Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche“ des synodalen Wegs und waren Mitinitiatorinnen der „Osnabrücker Thesen“ zu Frauen in kirchlichen Ämtern, die auf dem Ökumenischen Kongress vom 6. bis 9. Dezember 2017 in Osnabrück verabschiedet wurden. Gemeinsam mit Doris Krug, Leiterin des Katholischen Bildungswerks Coesfeld verlieh Dr. Esther Brünenberg-Bußwolder, Bildungsreferentin im Kirchenkreis, der Freude darüber Ausdruck, für die Vorträge zwei ausgewiesene Expertinnen gewonnen zu haben. Beide kämpfen für die Gleichstellung der Frau auf Kirchenebene.
„In der neueren Forschung wird sogar die Frage gestellt, ob die Reformation überhaupt emanzipatorische Wirkungen auf Frauen gehabt hat“, führte Strübind aus. Zwar gehöre das „allgemeine Priestertum von Mann und Frau“ zu den zentralen Lehren der Reformation, doch habe diese Sichtweise nicht dazu geführt, dass Martin Luther und andere Reformatoren sich für das Predigtamt von Frauen einsetzten. Schöpfungstheologisch begründeten sie, dass Frauen nicht dazu geeignet seien, das Predigtamt auszuführen.
Es war ein langer, schwieriger und äußerst komplexer Weg zur Frauenordination in protestantischen Konfessionen und Denominationen. Erst im 19. und 20. Jahrhundert änderten sich die Einstellungen zu dem Thema. „Wenn man schaut, wo vor dem 19. Jahrhundert Frauen zum Predigtamt zugelassen wurden, kommt man auf Frömmigkeitsbewegungen wie den separatistischen Puritanismus, den Pietismus, den Methodismus oder auch die Erweckungs- und Pfingstbewegung“, so Strübind. Im 20. Jahrhundert führte die Entwicklung zunächst von der Zulassung von Frauen zum theologischen Studium über die Pfarrgehilfin oder Pfarrvikarin zu einem speziell auf Frauen zugeschnittenem Amt bis hin zum gleichgestellten Amt der Pfarrerin. Schließlich war auch das Bischofsamt möglich.
Eckholt stellte in ihrem Vortrag die Repräsentanz Jesu Christi in den Vordergrund. Christus wird als das „Haupt der Kirche“ verstanden. Der Priester repräsentiere Jesus Christus als Haupt, aber dafür sei nach Auffassung der Kirchenoberen das „Mann-Sein“ entscheidend. „Dies“, so Eckholt, „ist wirklich die aktuelle Diskussion.“ Es spiegelten sich biblische Argumentationsmuster, die sich aus theologischer und ökumenischer Perspektive nicht halten ließen. Die Frau sei kein minderwertiger Mann, aber genau das sagten weder Kardinal Luis Ladaria, Präfekt der Kongregation für Glaubenslehre noch Papst Franziskus. Die Arbeit auf dem synodalen Weg müsse im Katholizismus zur Diskussion über die dogmatische Einstellung führen, dass die Kirche keinerlei Vollmacht habe, Frauen die Priesterweihe zu spenden.
Zu einem der zentralen Anliegen der „Osnabrücker Thesen“ gehört, dass nicht der Zugang von Frauen zu den kirchlichen Diensten und Ämtern begründungspflichtig sei, sondern deren Ausschluss, wie es in These 3 heißt. Eine letztverbindliche Entscheidung über den Zugang von Frauen zu allen kirchlichen Ämtern ist noch nicht getroffen worden, vertritt These 4. Die Thesen sind in der theologischen Überzeugung formuliert, dass es sich um eine offene Frage handele, ob es für Menschen überhaupt möglich sei, den Willen Gottes im Hinblick auf seine Lenkung des Weltenlaufs zu erkennen“, heißt es in der Erläuterung zu These 4. „Die Kirche existiert nicht ohne eine weibliche Dimension“, gesteht Papst Franziskus zu, „aber Christus kann nur durch einen Priester, der Mann ist, repräsentiert werden.“
Es liegt also noch eine Menge Überzeugungsarbeit vor den Streiterinnen für die Gleichberechtigung von Frauen in Kirchenämtern.
Rainer Nix