Kirchenkreis Steinfurt Coesfeld Borken

Lustige Kirche in Steinfurt

Im Rahmen der Reihe „GanzSein mit Leib und Seele“ veranstaltete der Evangelische Kirchenkreis mit seinen Partnern einen Tag des Humors im Evangelischen Gemeindezentrum in Burgsteinfurt.

Klinikclown Christoph Gilsberg im Gemeindezentrum in Steinfurt (Foto: Katrin Kuhn).

„Steckt in Ihnen auch ein kleiner Clown? Oder eine Clownin?“ Klinikclown Christoph Gilsberg spaziert durch die Besucherreihen, pickt sich hier und dort Mitstreiter heraus und verziert Besuchernasen mit roten Schaumstoffbällen, bis der vollbesetzte Saal des Burgsteinfurter Gemeindezentrums mit leuchtenden Clownsnasen gespickt ist. „Das ist die kleinste Maske der Welt. Aber sie hilft mir schon, einen winzigen Schritt zur Seite zu rücken und Abstand zu mir selbst zu finden.“ Und das muss der Klinikclown des Westfälischen Universitätsklinikums Münster täglich, wenn er in seine Berufskleidung schlüpft und als rotnasiger „Dr. Spaghetti“ die Krankenzimmer betritt. Auch vor den Sterbezimmern macht der Clowndoktor nicht Halt. „Humor in der Sterbebegleitung - geht das?“ Passen Clownerie und Schabernack zu einem so ernsten Thema wie Tod und Sterben? Diese Frage stellten die Organisatoren, der Evagelische Kirchenkreis Steinfurt-Coesfeld-Borken und die AOK Nordwest im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Ganzsein mit Leib und Seele“. 

Sie erklärten diesen Sonntag in Burgsteinfurt, der mit einem heiteren Familiengottesdienst Anfang Juni begann, kurzerhand zum „Tag des Humors“. Pfarrerin und Organisatorin Dagmar Spelsberg, zwischenzeitlich selbst mit einer roten Schaumstoffnase bestückt, erläutert: „Zum Ganzsein des Menschen gehört schließlich auch der Humor, das Lachen, die Lebensfreude.“ Und zwar bis zum letzten Atemzug. Was Dr. Spaghetti alias Christoph Gilsberg in den Krankenzimmern veranstaltet, hängt ganz von der jeweiligen Situation und der Stimmung seiner kleinen und großen Patienten ab. Mal macht er Dönekes mit seinem „Haustier“, einem aufziehbaren Stoffschweinchen, ein andermal rezitiert er humorvolle Gedichte von Wilhelm Busch bis Josef Guggenmos. Eine kleine Kostprobe davon erhält das Publikum von dem ausgebildeten Pantomimen auch heute. „Wie helfen die Gedichte?“ will eine Besucherin wissen. Ganz einfach: Die Menschen lachen, schmunzeln oder sind einfach im Stillen freudig berührt: „Die Möglichkeit eines kleinen heiteren Augenblicks ist das große Geschenk“, so Gilsbach. Humor muss nicht immer als Paukenschlag daherkommen. Er ist vielmehr die leise, kleine Trotzmacht gegen das übergroße Leid. Und darum gilt auch und gerade in der tiefsten Lebenskrise: „Wer (bis) zuletzt lacht, lacht am besten.“

Auch im Christentum ist die Kultur des Lachens tiefer verwurzelt, als die altehrwürdigen Kirchenväter es mitunter glauben wollten. Das erläutert Thomas Holtbernd, Diplomtheologe und -psychologe, in seinem spritzigen Vortrag „Humor und christlicher Glaube – geht das?“ am Nachmittag. Immer schon hat es in der Kirchengeschichte Humor und Lachen gegeben; daran erinnert unter anderem die Tradition des Karnevals und des sogenannten Ostergelächters. Humor macht auch an den Konfessionsgrenzen nicht Halt. Im Gegenteil: Das Lachen, so Holtbernd, verbindet uns Christen miteinander, auch und gerade wenn wir Witze über uns machen können. Über unsere Klüfte hinweg bauen wir Humorbrücken. Wir nehmen uns in unserer Begrenztheit, mit all unseren Unzulänglichkeiten wahr – und können uns gemeinsam darüber amüsieren. Dabei ist Humor weit mehr als nur Witze reißen oder Sprüche klopfen. Er ist vielmehr eine Geisteshaltung, erklärt Holtbernd mit den Worten des Philosophen Ludwig Wittgenstein. Er befähigt uns dazu, den Widrigkeiten des Lebens mit heiterer Gelassenheit zu begegnen. 

Daher kann guter Humor auch niemals zynisch oder menschenfeindlich sein. Er ist vielmehr etwas zutiefst Menschliches im besten Sinne des Wortes. Und deshalb müssen wir Kirchenmenschen zum Lachen auch nicht in den Keller bzw. in die Krypta gehen. Besser, meint Holtbernd, gehen wir auf „Lachmission“! Die gut aufgelegte, teils rotnasige Besuchergemeinde in Burgsteinfurt macht dazu an diesem Nachmittag den ersten Schritt.

Text: Katrin Kuhn