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„Hier ist jetzt mein Platz“

Im Rahmen der interkulturellen Woche sprachen drei Menschen aus verschiedenen Ländern über Ankommen, Heimweh und Hierbleiben

v.l.: Die „lebendigen Bücher“ Bushra Amine, Gamal Kalil und Wioletta Ostaszewska

Interessierte Besucher befragen drei Menschen aus unterschiedlichen Ländern in drei Räume und haben dafür dreißig Minuten Zeit: Das ist das Konzept der „lebendigen Bibliothek“, zu dem die Beratungsstelle des Diakonischen Werks im Rahmen der interkulturellen Woche einlud.
„Unsere drei Gäste sind so etwas wie lebendige Bücher“ stellte Monika Hölscher, Beraterin beim Diakonischen Werk, Amine Büsra, Wioletta Ostaszewska und Gamals Kalil vor. Die Fragerunden vergingen wie im Flug, man tastete sich langsam vor: Warum sie nach Deutschland gekommen seien? Ob es einfach war, hier Freunde zu finden? Ob sie bleiben wollen?

Die 26-jährige Bushra Amine verliebte sich am Telefon in ihren deutschen Mann mit türkischen Wurzeln und zog vor viereinhalb Jahren aus Adana im Süden der Türkei nach Steinfurt. Hier vermisst sie besonders, dass abends „nichts mehr los ist auf den Straßen“. Amine hat mittlerweile einen Sohn, ein weiteres Kind ist unterwegs. Sobald sie den Sprachtest auf C1 Niveau bestanden hat, möchte sie ihr Studium der Psychologie wieder aufnehmen, denn sie liebt es zu lernen. „Am Anfang dachte ich, ich schaffe es nicht, Deutsch zu lernen, aber irgendwann klappte es“ freut sie sich. Auch Fragen nach ihrem Kopftuch beantwortet die junge Frau offen: „Das ist unsere Religion, so steht es im Koran.“

Die 39-Jährige Wioletta Ostaszewska zog 2013 mit ihrer Familie von Polen nach Deutschland, „aus wirtschaftlichen Gründen“, wie sie sagt. Über Billerbeck landete sie in Laer und fühlt sich dort zu Hause. „Ich habe kein Heimweh – hier ist jetzt mein Platz“, sagt sie überzeugt. In Deutschland entdeckte sie ihre Liebe zu Grünkohl und Eintöpfe und hatte bereits nach zwei Wochen Freundinnen gefunden. Geholfen hat ihr dabei ihre offene Art auf Menschen zuzugehen. Ein paar Klischees wurden in der Fragerunde auch bestätigt: Ja, Polen tanzten gerne, sie gehen Pilze sammeln und essen zu Weihnachten Karpfen. Und dass ihre Landsleute gerne Wodka tränken, sei auch kein Geheimnis.

Die längste Zeit lebt Gamal Kalil, 58 Jahre alt, in Deutschland – vor 25 Jahren flüchtete er aus Syrien und fand in Münster eine neue Heimat. Der dreifache Familienvater machte in Syrien eine Ausbildung zum Fotografen und wandte sich der Malerei zu. Wegen seiner Bilder erlebte er Repressalien und floh in den 90er Jahren nach Deutschland.
Jetzt arbeitet er neben seiner künstlerischen Tätigkeit in einer Hauptschule, um den vielen Schülern mit arabischen und kurdischer Muttersprache dort das Lernen zu erleichtern. Kalils Herzensanliegen ist es, für Toleranz und Menschlichkeit zu werben.