Kirchenkreis Steinfurt Coesfeld Borken Pressemitteilung

Lehrt Not beten?

Studientag des Arbeitskreises Spiritualität in Beratung, Therapie und Pflege

Rund 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutierten auf dem Studientag des Arbeitskreises Spiritualität in Beratung, Therapie und Pflege im Evangelischen Gemeindezentrum in Borghorst darüber, ob Glaube und Spiritualität eine Ressource bei der Bewältigung von Krankheit und Leid sein können.

Nach der Begrüßung durch der Veranstalterinnen – Pfarrerin Dagmar Spelsberg-Sühling, Beauftragte für Spiritualität und geistliches Leben im Kirchenkreis Steinfurt-Coesfeld-Borken, und Psychotherapeutin Dr. Esther Sühling sowie den Grußworten des Superintendenten des Evangelischen Kirchenkreises, Joachim Anicker, sowie Martina Lange (PsychotherapeutInnen Netzwerk Münster und Münsterland e.V.) stellte Prof. Gereon Heuft die Ergebnisse seiner Studie „Not lehrt (nicht) beten“ vor.

Ausgehend von der Frage, ob körperlich oder psychisch erkrankte Patienten eine stärkere „Gläubigkeit“ oder „Spiritualität“ zeigen, verglich der Leiters der Psychosomatischen Klinik der Universitätsklinik Münster die Daten aller Patienten des Jahres 2013 des Universitätsklinikums mit einer bundesweiten repräsentativen Stichprobe des gleichen Jahres. Beide Gruppen wurden mit Hilfe eines Fragebogens zu ihrem Glauben bzw. ihrer Spiritualität befragt. Der Vergleich machte deutlich, dass kaum Unterschiede in Hinblick auf den Glauben und Spiritualität feststellbar sind. „Menschen in „Not“ bzw. in einer Krise sind nicht wesentlich gläubiger als die Normalbevölkerung“, so Heuft. „Sie sind allerdings eher der Auffassung, dass eine religiöse Einstellung helfen kann, Krisen im Leben besser zu bewältigen.“ Es scheine so zu sein, dass ein bisschen häufiger eine Suche beginne. „Aber wenn jemand bis dahin nicht religiös war, dann weiß er oft gar nicht, was er überhaupt suchen soll.“

Vier Workshops luden anschließende dazu ein, sich weiter mit der Thematik auseinanderzusetzen.
Psychotherapeut Jens Gilles setzt sich mit dem Thema zeitgemäße Spiritualität auseinander, die Veranstalterinnen Dagmar Spelsberg-Sühling und Dr. Esther Sühling sprachen in ihrem Workshop über die Themen Sprachlosigkeit und Übergriffigkeit. Traumatherapeut Godehard Pötter beriet, welche Schritte möglich sind, sich selbst oder andere aus den Fängen von Radikalität zu befreien und Prof. Gereon Heuft vertiefte mit seinen Workshopteilnehmern sein Vortragsthema.

Am frühen Abend referierte die bekannte Autorin und Theologin Marion Küstenmacher über ihr Buch „Gott 9.0“. Darin dreht sich alles um die 9 Bewusstseinsstufen, die sie auch als „Glaubens-Update“ beschreibt. Dies sind psychosoziale Werteräume durch die der Mensch reift und wächst. Die Autorin nahm die Zuhörerinnen mit auf eine Reise durch die Stufen und erläuterte die komplexe Thematik strukturiert und mit vielen Beispielen. Die Referentin ist überzeugt: „Das Christentum wird - trotz fabelhaftem Engagement seitens Haupt- und Ehrenamtlicher - hierzulande weiter ausbluten. Wir brauchen endlich einen mutigen Abschied von gewissen dogmatischen Lehrinhalten, die uns noch an ein vormodernes Gottes- und Weltbild und dualistische Positionen binden.“